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Otto Julius Bierbaum
Erlebte
Gedichte . 2. Auflage 1903
Fasching
Introduktion.
Buntes Gewühl, es wirbeln und flirren
Tausend Farben in tollem Gemenge,
Taumelnde, jauchzende Töne schwirren,
Suchende glühende Blicke irren
Durch das Gedränge.
In all' dem Trubel - ich suche nur Eine:
Reizender Racker, was läufst du so schnelle?
Kaum, dass ich wieder zu haben sie meine,
Ist sie verschwunden, die zierliche, kleine
Pollichinelle.
Nebenbei.
Mit dem Fächer spielen,
Mit den Augen zielen,
Jede kann die Kunst famos;
Jede lernt das schnell,
Die kleinste Nähmamsell
Ist auf diesem Gebiete gross.
Walzer.
Ein Walzer hebt sich säuselnd an
Mit hüpfendem Bogenspringen,
In breitem, rauschendem Striche dann
Beginnt er sein lockendes Singen.
Er schmeichelt in das Herz sich ein
Den zart beschwippsten Mädchen,
Nun ist die Ruhe bitt're Pein
Elektrisirten Wädchen.
Frei und geheim ist hier die Wahl;
Such, Freund, dir irgend Eine
Und schwenke sie rundum im Saal,
Stehst fest du noch auf dem Beine.
Intermezzo des Jammers.
Himmel und Hölle! Was muss ich da sehen!
Meine kleine Pollichinelle,
- Himmel und Hölle! -
Hingeschmiegt in lustigem Drehen
An die breite Brust eines langen
Russen, mit lauter Pistolen behangen.
...Hol' ihn der Teufel!
Redouten-Ritornelle.
I.
Bescheidenes Veilchen!
- Na freilich, mein Schatz, wir trinken schon Sekt,
Aber wart' noch ein Weilchen.
II.
Tulpenglocke!
- (Sie wohnt in der Kaufingerstrasse 3,
Hinten, im dritten Stocke.)
III.
Schimmernde Rose!
- Sie isst mich arm in Kalbsfilet
Mit saurer Sahnensauce.
IV.
Schwermüthige Lotosblüthe!
- Von Leibe ist sie dürftig zwar,
Aber üppig von Gemüthe.
V.
Mein Gänseblümchen!
- Ich bin zufrieden, giebst du mir nur
Von deiner Liebe ein Krümchen.
VI.
Strohgelbe Aster!
- Auf dem Maskenfeste spröde sein
Ist ein abscheuliches Laster.
VII.
Duftvolle Syringe!
- Hätt' ich Geld im Sack, ich wettete mit,
Dass ich nach Hause dich bringe.
Polka.
Eng ihr an die Brust gepresst,
Halt' ich sie fest, halt' ich sie fest,
Drehe mich wild ringsum, ringsum,
Mädel, Mädel, du hübsche, gute,
In meinem Blute
Dreht sich ein Tanz:
Dein bin ich ganz!
Mädel du, Mädel du, magst du mich leiden?
Wir zwei Beiden
Passen zusammen,
Unserer Herzen jauchzende Flammen
Geben wundersamen Glanz.
Dir aus den Augen schimmern sie prächtig,
Mir in den Adern schwellen sie mächtig,
Rasen sich taumeltoll tanzend entgegen
Jubelnd, verwegen,
Schwellend im Glühen,
Im Lodern, im Sprühen
Höllischen, himmlischen Brands!
Kehraus.
Kehraus. Vorbei der tolle Schwarm.
Wir gehen friedlich Arm in Arm,
Die Meine und ich, nach Hause.
Nach Hause.
Ist nicht die Welt gar wunderschön!
Sieh' wie die Sterne am Himmel steh'n,
Wie sie freundlich blinken.
Dir in die Augen muss ich seh'n,
In dir vergeh'n,
In unsäglicher Lust ertrinken.
Otto
Julius Bierbaum . 1865 - 1910
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