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Otto Julius Bierbaum
Erlebte
Gedichte . 2. Auflage 1903
Josephine
I.
Ihr Kleidchen ist von Tarlatan,
Ihr Herzchen ist von Golde;
Ich bete, ich bete das Mädel an,
Ihre Guckaugen haben mir's angethan,
Josephine, Sephine, Du Holde!
II.
Wenn sie lacht, wenn sie lacht,
Ist der Himmel erwacht,
Gottvater singt selbst ihr zum Lobe
Ein Lied, das er selber gemacht:
Seffi,
Ach stelle mich nicht auf die Probe.
Sonst werd' ich frivol,
Dass der Teufel mich hol',
Und mache mich, Dir zum Preise,
Wie Zeus auf die Lumpenreise.
Gottvater singt's im tiefsten Bass,
Ihm werden beide Backen nass
Vor lauter Liebesthränen.
Sie aber streicht die Backen mir,
Sie aber kraut den Nacken mir
Und thut sich an mich lehnen.
Seffi!
III.
Der Himmel ist blau, das Wetter ist schön,
Madame, wir wollen spazieren geh'n!
Da ist sie dabei!
In den blühenden Mai
Aussegeln wie Frühlingsfregatten wir Zwei.
Wie Blüthenschnee ihr Kleid so klar,
Ein Blumengarten ihr Strohhut war,
Ein moosgrün' Band vom Hute hing,
Wie Wimpelwurf im Winde ging.
Recht wie ein schwarzer Würdebär
Ging neben der Fee mein Leibrock her.
Wie wunderbar
Der Maitag war!
So frisch, so hell, so kühn, so jung,
Wie Kinderglückserinnerung,
Und so voll Liebe und Heiligkeit;
Ach, kranke Welt, wie bist du weit,
Weit von uns fern mit deiner Gier,
Mit deinem Hass, mit deinem Streit, -
Wir seligen, seligen Kinder wir!
IV.
Und es senkt sich die Nacht.
Kühle Winde, blasse Sterne.
"Du, hast Du mich gerne?"
Und sie küsst mich und lacht.
Und wir gehen nach Haus.
Alle Menschen schon schlafen.
Die Fregatten im Hafen...
Und die Lampe löscht aus.
Otto
Julius Bierbaum . 1865 - 1910
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