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Otto Julius Bierbaum
Erlebte
Gedichte . 2. Auflage 1903
Rasende Lenzlust
Maisonne, warmer, bebender Strahl,
Oh fröhliches Glänzen, so weich und jung,
Sorgen scheuchend und Falten glättend!
Das Herz schwillt auf in wogendem Heben,
Und das Auge blickt frei um ins Grüne,
Und es regen sich winterschlafsatte Gefühle.
Wo nur ein weibliches Wesen schaukelnd
Mit üppig vollen Hüften sich naht,
Wo nur eine Brüsterundung lockend,
Umschmiegt von enganliegender Hülle,
Athmet, da schwärmen die schwülen Blicke
Und legen sich lüstern auf die Conturen
Des süssen Bogenschwungs, bohren sich lechzend
In jede Falte des schwellenden Wunders.
Oh warmes Geheimniss weiblichen Leibes!
Oh holdes Mysterium, warm verborgenes,
Du heisser Lebensherd, dessen Brünste
Aus Augen und zuckenden Lippen lodern,
Oh heiliges Kleinod, innigumschlossenes,
Du weiches Ziel des zitternden Strebens,
Warmer Ruhepunkt der Liebe,
Schwellende, üppige Frucht, durchzogen
Von feurigen Blutes tosenden Kräften,
Erfüllt von Gluthen, sehnsuchtwüthig:
Oh Venusberg, dess Pforten beim Wehen
Des ersten Lenzwinds weit sich aufthun, -
Siehe, ein Pilger zu deinem Altare,
Nah' ich mich tannhäusertoll deinem Heiligthum,
Rhythmisch rast mir mein Herz im Gebete.
Segne erfüllend die Sehnsucht, Sehnsucht,
Segne die Sehnsucht, Aschtoreth!
Otto
Julius Bierbaum . 1865 - 1910
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