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Georg Busse-Palma
Zwei
Bücher Liebe . 1. Auflage 1903
Das Ende vom Lied
Es hat meine Heimat dort oben gelegen,
Wo der pflügende Bauer oft stille steht,
Weil knirschend sein Eisen durch rostige Degen,
Zerspaltene Czapkas und Schädel geht;
Wo schwermütig singend auf Weichsel und Warthe
Aus rauschenden Wäldern der Flößer sich wiegt
Und über der modernden Polenstandarte
Weitklafternd der preußische Adler fliegt.
Dort bin ich geboren. Doch über die Heide
Zog früh schon mein Sehnen und lockte mich mit,
Als die Wildgans schrie und in schleppendem Kleide
Der Nebelkönig das Land durchritt.
Als tanzend ein Irrlicht aus brauenden Mooren
Sich zu mir herüber und über mich schwang,
Da hab' ich die Heimat für ewig verloren
Und blieb in der Fremde mein Leben lang.
Durch vielerlei Länder mit mancherlei Winden,
Breit ward meine Sohle und braun mein Gesicht -
Die Blüte des Friedens, die wollte ich finden,
Die blaue Blume, die fand ich nicht.
Und was sich für Fahnen auch über mich blähten,
Ob böhmisch, ob britisch, sie blühte nicht dort, -
Ich hab' nur viel Schuh' und viel Träume zertreten,
Und ging immer wieder und weiter fort.
Da traf ich ein Weiblein mit Kräutern und Dolden
Und hab' sie gehalten und bat sie um Rat.
Die meinte, die Blume blüht blau und golden
Für den nur, der keinen Wunsch mehr hat.
Und nur auf so stillen und einsamen Stellen,
Daß der scheueste Hirsch ohne Argwohn äst
Und Witukind selber mit seinen Gesellen
Vorüberbrausend das Horn nicht bläst.
Nun richt' ich die Blicke erschrocken nach Süden
Und richt' sie nach Norden und kenn' mich nicht aus.
So blüht sie nur denen im Kirchhofsfrieden,
Und darum blieb ich so lange von Haus!?
O du meine Sehnsucht, mag Gott dich verderben!
Was triebst du so sündhafte Possen mit mir? -
In Unruhe leben, in Unruhe sterben,
Das konnt' ich auch dort und honetter als hier.
Georg
Busse-Palma . 1876 - 1915
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