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Carl Busse
Gedichte
. 2. veränderte Auflage (vermutlich) 1894/1895
Pfingsten
So geht das Leben - arbeitsschwere Wochen!
In sauerm Schweiß baust du dein Stückchen Land,
Führst ohne Ruhe du den Pflug der Pflicht
Durch harte Schollen. Selten naht ein Fest,
Das dir die Pflugschar aus den Händen nimmt,
Dich träumen läßt von längstvergangnen Zeiten. -
Im Kreis des Jahres schwanden längst hinunter
Schon Aschermittwoch und Gründonnerstag,
Der stille Freitag ging uns auch vorbei,
Und Ostern gab's ein trübes Regenwetter.
Dann wieder Wochen, sieben lange Wochen,
Die uns das brachten, was sie immer bringen,
Wie's grade kommt: mal Sonnenschein, mal Regen
Und mal auch Sturm.
Heut endlich ruht nun rings
Die ganze Welt; selbst in den Ställen blieb
Das Vieh zurück; der Junge ging zur Kirche
Im neuen Rock - mag er ihn auch genießen,
Den lieben Pfingsttag, diesen heitern Jüngling
Mit seinen lichten, blauen Frühlingsaugen.
Wie alles heut so festlich ruhig ist!
Das ganze Dorf kennt nicht die kleinste Regung,
Und vor den Thüren blitzt der weiße Sand
Hell in der Sonne. Wo man geht und steht,
Trifft man auf Kalmus; seine schlanken Scheiden,
Sie grüßen dich selbst aus den kleinsten Fenstern,
Vom Gartenzaun, vom braunen Thorweg her...
Es ist ja Pfingsten!
In die nahe Stadt
Lief heut auch alles. Unterm Pappelbaum
Vor jenem letzten saubern Dorfgehöft
Sitzt nur ein Greis, der sich die Pfeife stopft
Und auf den Knien sein Enkelkindchen wiegt
Mit leisem Schaukeln... 's ist ein liebes Bild:
Der alte Lehrs mit seinem krummen Rücken,
Der bald ins Grab sinkt, und das junge Leben,
Das kaum noch ahnt, was Leben heißt und ist.
So still, so still.. mir wird ganz weich ums Herz,
Ich nahm schon lange nicht die Bibel vor,
Heut will ich's thun, der Tag ist ganz dazu,
Die Schrift zu lesen und dann still zu lauschen,
Wie überm Sumpfland, wo die Wiesen grenzen,
Der Kiebitz schreit,.. wie aus dem Nachbarhaus
Ein frohes Kind auf seinem Kalmus bläst
Und an den Scheiben schwarze Fliegen summen...
Carl
Busse . 1872 - 1918
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