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Gedichte
162 Bücher



Carl Busse
Gedichte . 2. veränderte Auflage (vermutlich) 1894/1895



Polnische Vagabundenlieder

I.

Meine Mutter hat geboren
Mich am Wegrand, an der Hecke,
Und im Wald bin ich erzogen.
Deshalb kenn ich die Verstecke.

Heißa! Mag der Russe suchen
Hat uns niemals noch gefunden,
Drehn ihm immer eine Nase,
Polen wir und Vagabunden.

Saufen, raufen, küssen, stehlen -
Das ist wie für uns gegeben,
Und wir streifen durch die Wälder,
's ist ein rechtes Stromerleben

Unsre Weiber, wild und feurig,
's sind wahrhaftig nette Pflanzen -
He Maryla und Magdußia,
Mädels kommt den Kosak tanzen!


II.

Trinke nur in vollem Zuge,
Bruder, mach' die Kehle naß,
Denn beim Judenweib im Kruge
Steht ja noch ein ganzes Faß!
Hol' der Kuckuk alle Sorgen,
Heut ist noch die Flasche voll,
Also frag' nicht, was da morgen
Und dann weiter werden soll.

Setzt auf's Haupt du schief die Mütze,
Zeigst du Vagabundenmut,
Fragt kein Mensch nach Geld und Grütze,
Schimpft dich keiner Hundeblut.
Sind in diesem dicken Schädel
Auch schon Sorgen aufgewacht!
Laß das Denken, nimm ein Mädel
Und vergnüg' dich über Nacht.

He, wo steckt ihr? Schöne Weiber,
Zeigt euch doch nicht gar so stumm,
Da, nun pack' die jungen Leiber,
Schwenk' im Mazur sie herum.
Hol' der Kuckuk alle Sorgen,
Heut ist noch die Flasche voll,
Also frag' nicht, was da morgen
Und dann weiter werden soll.


III.

Die Conföderatka schief aufs Ohr,
Den Schnürrock an, den Bart empor,
Die Pferde stehlt vom nächsten Gut,
Wenn alles tief im Schlafe ruht,
Den Falben mir, und dann vom Fleck,
Am Morgen sind wir weit schon weg,
    Wir kämpfen für die Roten!

Den Weißen brennt die Häuser ab,
Die Zügel frei und nun im Trab
Vorbei an Dorf, an Stadt und Ort
Zu dämmerblauen Fernen fort,
Und greift uns an auch Hinz und Kunz,
Die heil'ge Jungfrau segnet uns,
Wir kämpfen für die Roten!


IV.

Brüderchen, bleib du hier,
Will die Mädel holen,
Alle beide haben wir
Heut ja brav gestohlen.
Ist der Pfaff erst aufgewacht,
Giebt es großen Jammer,
Denn wir räumten ihm zur Nacht
Seine Speisekammer.

Hei, die war gehörig voll,
Kisten voll und Kasten,
Er mit seiner Köchin soll
Endlich auch 'mal fasten.
Holten aus dem Keller Wein,
Aus dem Rauchfang Schinken,
Mag man deshalb uns beschrein -
Gute Käse stinken!


V.

Bin ein Vagabunde,
Schlich mich sacht herfür,
Bassia, du Basjenka,
Laß mich ein zur Thür.

Jeder schläft im Dorfe,
Nur die Eulen schrein,
Auf dem Strohdach zittert
Bleicher Mondenschein.

Laß die Eulen rufen,
Streichen her und hin,
Küß' mich wild und feurig
Junge Königin.

Bassia, du Basjenka,
Mach das Fenster auf,
Denn der Vagabunde
Will zu dir hinauf.


  Carl Busse . 1872 - 1918






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