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Richard Dehmel
Weib
und Welt . 2. Auflage 1901
Schneeflocken
Gnädige Frau, es schneit, es schneit!
Tragen Sie heut Ihr weißes Kleid?
Gnädige Frau, hier in der Ferne
schneit's bei helllichtem Tage Sterne.
Und diese Sterne flimmern genau
wie die Zähne der gnädigen Frau.
Oder wie Blüten von weißem Flieder,
gnädige Frau, an Dero Mieder.
Oder die Blicke des Herrn Gemahls
am Tage Ihres Hochzeitsballs.
Nein, sie flimmern, ich kann mir nit helfen,
gnädige Frau, wie tanzende Elfen.
Hänseln jeglichen Parapluie;
will man sie fassen, zerflimmern sie.
Flimmern in Wirbeln, flimmern in Bildern,
die sind wirklich nit zu schildern.
Gnädige Frau, so wild, so mild
wie ein opalisch flimmerndes Bild.
Und, ach Gnädigste, diese Sterne
tanzen auf manchermanns Nase gerne.
Und auf solchermanns Nase, gnädige Frau,
zertanzen sie zu Thränentau.
Zertanzen sie wie kichernde Lieder:
morgen, morgen tanzen wir wieder!
Gnädige Frau, leb wohl! Schluß, Kuß!
Frechheit - aber wer muß, der muß.
Richard
Dehmel . 1863 - 1920
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