Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Worte in Versen IV
162 Bücher



Karl Kraus
Worte in Versen IV . 1. Auflage 1919



Heldengräber

Es reut uns fürs Leben. Und auf dieser Sünde
nie Freude, nie Glück, nie mehr Hoffnung sich gründe.

Es reut uns wohl alle, die wir's nicht verschuldet,
uns reut die Geduld, mit der wir's geduldet.

Es reut uns, daß nächtlich im Bette wir ruhten
bei diesem Verbluten der Edlen und Guten.

Es reut uns, die wir uns freuten und lachten
in der Zeit, die in Qual und in Schmutz sie verbrachten.

Es quält uns durchs Leben, beschmutzt uns das Leben,
daß es diesen Krieg, diesen Kaiser gegeben.

Wir alle, wir alle, wir wollen uns kränken
und mit Grämen und Fluchen der Schande gedenken.

Nun ist sie vorüber und nichts wird uns freuen,
vorüber die Sünde, nun wird es uns reuen.

Wir sehn nur Hyänen, wir hören nur Raben,
dort sind sie verscharrt, dort sind sie begraben.

Ich aber schaue in rosiger Wolke
die Zukunft von dem mir vertrautesten Volke.

Das wird sich über den Untergang gfretten.
Denn es gibt Operetten und es gibt noch Soubretten.

Keine Laus, die es hat, läuft ihm über die Leber.
Am Graben gibts halt keine Heldengräber.

Doch schade um jeden Zug'reisten wäre,
der sich nicht nacher anschaut die Felder der Ehre.

Für ein kleines Dussör wolln m'r gern ihn begleiten
zu die Friedhof und sonstige Sehnswürdigkeiten.

Ist alles auch hin, lebt die Wienerstadt, der es
gereicht zur Hebung des Fremdenverkehres.


  Karl Kraus . 1874 - 1936






Gedicht: Heldengräber

Expressionisten
Dichter abc


Dehmel
Worte in Versen I
Worte in Versen II
Worte in Versen III
Worte in Versen IV
Worte in Versen V
Worte in Versen VI

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Heldengräber, Karl Kraus