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Gedichte, Lyrik, Poesie

Worte in Versen VI
162 Bücher



Karl Kraus
Worte in Versen VI . 1. Auflage 1922



Die drei gelegentlichen Mitarbeiter

Der erste

Der Frühschein schon über der Finsternis liegt.
Der Walzer hat über den Tango gesiegt.

Der zweite

Wie sich endlich der Frohsinn der Trübsal gesellt!
Es sind die Vertreter der Handelswelt.

Der dritte

Das Leben erholt sich von mühvollen Taten.
's gibt Industriekapitäne und Bankmagnaten.

Der erste

Ich muß nicht mehr in der Einsamkeit wandern.
Ich habe sie schon bemerkt unter andern.

Der zweite

Mir scheint selbst, das Ziel ist gar nicht mehr weit.
Ich hatte bereits die Gelegenheit.

Der dritte

Man hat auch genug von dem Treiben der Truppen.
Es bilden sich wieder die anderen Gruppen.

Der erste

Das wird, mein' ich, jetzt ein ganz anderer Fall.
Ich wittere Morgenluft und Concordiaball!

Der zweite

Er übertrifft ganz gewiß seine Vorgänger weit.
Frau Fanto trägt ein Ecru-Creme-Crepe-Souplekleid.

Der dritte

Die Estrade wird kaum ihre Zugkraft verlieren.
Das Publikum seh' ich bereits sich massieren.

Der erste

Daß sie, gottbehüt, nicht zusammenbräche!
Jetzt ziehn sie sich alle schon in die Gespräche.

Der zweite

Jetzt kommen auch die, die sich immer begeben.
Was sich sonst noch begibt, soll man nicht erleben.

Der dritte

Der Salvator hat einen elastischen Schritt.
Drei kaiserliche Räte erscheinen zu dritt.

Der erste

Zwei Konsuln erscheinen, weil man sie vermißte
sonst in der sonst schon vollzähligen Liste.

Der zweite

Man verliert keine Zeit, die Verlustliste lesend.
Zum Glück ist, was Namen hat, heute anwesend.

Der dritte

Denn hier geschieht, was längst geschah;
schaun Sie her, der Angelo Eisner ist da!

Der erste

Es wimmelt von Sternen und auch Koryphän,
nein, was sich da tut, man wird doch da sehn!

Der zweite

Der Generalstab ist verhindert, aber der Höfer ist erschienen.
Noch liegt der Ernst auf den sämtlichen Mienen.

Der dritte

In der welthistorischen Faschingsnacht
weiß man doch, wofür man die Opfer gebracht.

Der erste

Gern möcht' ich noch wissen, was der Feind sich da dächte.
Denn, ei, der Humor tritt schon in seine Rechte.

Der zweite

Sieh, alles ist da, die Niedern und Obern.
Die Jugend will sich das Tanzrecht erobern.

Der dritte

Ich fürchte, zu Ende geht dieses Fest.
Sie sehn doch, der Teufel tanzt mit der Pest!

Sie entfliehn.


  Karl Kraus . 1874 - 1936






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