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Karl Kraus
Worte
in Versen VI . 1. Auflage 1922
Verlust
Welche Armut soll erwählt sein!
Welch ein trauriger Verzicht!
Meinem nächtlichen Gequältsein
abgewendet dein Gesicht!
Zum Verlust war ich erkoren,
weil du so dich mir verlorst.
Doch du selbst warst dir verloren,
als du dich dir selbst erkorst.
Was kann uns denn uns ersetzen?
Du auch darbst, weil ich entfernt.
Wie sich deine Augen netzen,
seit mein Himmel unbesternt!
Nie war tiefere Verwandtschaft
zweier Seelen in dem All.
Wie betrübt ist alle Landschaft,
wie versiegt der Wasserfall.
Nie mehr wird die Wiese grünen,
niemals mehr ein Himmel blaut.
Ach wie schmerzlich muß ich sühnen,
daß ich dich zu groß geschaut!
Aber ist's nicht größre Sünde,
was Natur an mir verbrach?
Denn es stürzen alle Gründe
und ich stürze ihnen nach.
Karl
Kraus . 1874 - 1936
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