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Detlev von Liliencron
Neue
Gedichte . 1. Auflage 1893
Abschied
Und nimmermehr, es ist vorbei,
Wirst du an meiner Schulter stehn,
Und niemals wird ein neuer Mai
Uns wieder bei einander sehn.
Und nie mehr gehen wir zu zweit
Die alten Wege Hand in Hand,
Die Sommerlauben sind beschneit
Und öde liegt das Stoppelland.
Der fremde Mann, der fremde Thor,
Der dir ins Auge blickte tief,
Nie kanntest du ihn je zuvor
Und nicht den Traum, der in dir schlief.
Was hat dich aus dem Traum geschreckt,
Ein Flammenschuß aus stiller Glut?
Wer hat dich jählings aufgeweckt,
Ich wußt' es gleich, du warst mir gut.
Wenn Rosen, Lilien, wechselbunt,
Sich stritten um dein hold Gesicht,
Gab zuckend deine Lippe kund,
Was blöde deine Seele spricht.
Nie fragtest, wer ich sei, du mich,
Nach Namen nicht und Rang und Stand,
Dir wars genug, wenn schäferlich
Uns eine schöne Stunde band.
Bis es den Menschen wohlgefiel:
Sie kamen mit dem Mörderbeil
Und schlugen wild ins Blumenspiel,
Und retteten ihr Seelenheil.
Leb wohl, das ist ein harter Schluß,
Ich schlag mich durch in Qual und Glück,
Und wenn ich auch vergessen muß,
Ich traure doch nach dir zurück.
Detlev
von Liliencron . 1844 - 1909
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