Abend in Gardone

        In grauen Olivenhainen
        Erwacht die Nachtigall,
        Der Tag vergißt zu scheinen
Und müde entgleitet seinen gelösten Händen der
                Sonnenball.

        Die Glocken der Türme singen
        Dem See ihr Abendlied,
        Er läßt die Wellen klingen
Wie Saiten, die leise schwingen, wenn drüber der
                Finger der Winde zieht.

        Die Gärten gehen schlafen,
        Dunkel und Stille rings.
        Nur ein Rubin im Hafen
Und schwarzblau in dem agavengrünen Himmel des
                Berges Sphinx.

        Auf weißen Wogenschäumen
        Gleitet mein rotes Boot
        Vorüber in seligen Träumen
An hohen Zypressenbäumen in mild verglimmenden
                Tagestod.

        Weit - weit die Erde, verloren
        In alter Unendlichkeit...
        - Doch hinter den düsteren Toren
Wird jetzt vielleicht geboren eine neue Welt, eine
                neue Zeit.


  A. De Nora . 1864 - 1936

Expressionisten
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