Nachtgebet

Mitten in ihrem Mondscheinbettchen
- Die Nacht war hell -
Kniete mein liebes geliebtes Mädchen
Und tauchte schnell
Die Rosenblättchen
Der Nagelovale
In die alte zinnerne Weihbrunnschale
Am Bettgestell.
Der Herrgott sah
Hinterm Mondenscheine
Im Himmel staunend, was hier geschah
Und dachte: "Wie?
Was macht die Kleine?
Ist wirklich die
Nun fromm geworden mit einem Male?
Die Tochter der Erde,
Begehrt sie, daß ihr der Himmel werde?"

Da nahm mein Schätzchen,
Wie ein Kätzchen,
Das in den Regen getappt ist,
Sein Pfötchen aus dem geweihten Wasser
Und sah es an Trübselig.
Aber dann
Mit noch nasser,
Zärtlicher Fingerspitze schrieb
Sie plötzlich über Stirne und Mund
Liebselig -
Meinen Namen...

Da lächelte fein
Der Herrgott droben im Mondenschein
Und sprach gemut:
"Wohlan, auch dieser Himmel ist gut!
Und sei dein!
Amen."


  A. De Nora . 1864 - 1936

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