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A. De Nora
Ruhloses
Herz . 1. Auflage 1908
Der Nachtmahr
Die
Jungfrau ging in den Elfenhain,
Am Eibenbaume schlief sie ein -
Daß Gott deinen Schlaf behüte!
Der Nachtmahr sah das junge Weib.
"Zu eigen werden muß mir dein Leib
Und seine magdliche Blüte!"
Ein Blättlein ringelt er wie ein Rohr,
Er steckt der schlafenden Dirn ins Ohr
Die Spule traumumsponnen;
Da heben hinter der weißen Stirn
Die Träume an zu locken und girrn
Von süßen, seligen Wonnen.
Unruhig wälzt sich auf weichem Moos
Der heiße Leib, in dem keuschen Schoß
Erwacht ein wildes Verlangen,
Verzehrend Feuer erfüllt die Brust,
Die Arme breiten sich aus voll Lust
Zu brünstigem Umfangen.
Die Burg hinunter, den Berg herab
Was schreitet der schlanke Edelknab'?
Schon hält er sie fest umschlossen.
Sie hängt am Halse dem süßen Fant,
Sie fühlt der Liebe lodernden Brand
Durch alle Adern gegossen....
- Und als sie aus dem Traum erwacht,
Im Elfenwalde ist tiefe Nacht;
Sie klammert am Eibenbaume:
"Wo bin ich? Wo ist der Liebste mein?"
""Dem Nachtmahr, liebliches Jüngferlein,
Ergabest du dich im Traume!""
"Und war ich im Traum des Nachtmahr Weib,
So ist verloren mein junger Leib!
Gott möge der Seele helfen!"...
Sie springt in das tiefe, dunkle Moor.
Hell hinter ihr her aus Busch und Rohr
Hallt höhnisches Lachen der Elfen.
A.
De Nora . 1864 - 1936
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