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Alfons Petzold
Der
Irdische . 1. Auflage 1923
Gang in die Stadt
Es strömt die Stadt mit lautem Lärm mir zu.
schon seh ich ihrer Essen Kapitale;
sie ragen in die horizontne Ruh,
wie die Pilaster rauchdurchschwelter Säle
eintauchen in die blaue Malerei,
die von dem Atem vieler Menschen dunkelt.
Auch dieser Himmel dort ist grau wie Blei,
in dem ein Blitzstab und ein Kirchkreuz funkelt.
Was birgt wohl heute dieses Pflaster dort
für meine neugiertiefe Wanderseele?
Ist's doch der Lust, des Leidens gleicher Ort,
wie einst der Leib der schlafenden Kybele.
Sehnsucht mit Furcht vermengt faßt mich sogleich
und will mir das Gehirn und Herz beengen,
bald tret ich in das steinerne Bereich,
darüber die betürmten Dächer hängen.
Noch schmiegt sich eine Wiese an den Fuß,
ein Weißdorn will mich leise flüsternd warnen:
Sieh' meinen Schnee, dort findest Du nur Ruß,
und mußt im Schmutze toter Dinge kamen!
Das letzte Rauschen eines Waldes läuft
mit mir den ganzen Weg noch eine Weile,
bis sich ihm kalt und hart entgegenhäuft
Werkhall aus einer gelben Häuserzeile.
Nun höre ich mit einem schrillen Ton
des Wanderstockes scharfe Eisenzwinge
Granit betasten, und ein Steinbalkon
wirft so wie eines Riesenvogels Schwinge
eiskalte Schatten drohend über mich.
Wo ist der Sommer meiner weichen Wiesen?
Fühlt Ihr denn Gott und Welt? So frage ich
die grauen Wände und verschmutzen Fliesen.
Auf meine fragende Nachdenklichkeit
stürzt unversehens sich ein wildes Toben.
In eine Straße, nicht sehr lang und breit
hat mich der Menge fester Druck geschoben.
Da kämpfen Wagen, Steine, Fuß und Huf,
Gebrülle rast aus teuflischen Grimassen.
Noch einmal höre ich des Schlehdorns Ruf -
und sinke unter in dem Lärm der Gassen.
Alfons
Petzold . 1882 - 1923
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