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Gedichte, Lyrik, Poesie

Gesicht in den Wolken
162 Bücher



Alfons Petzold
Gesicht in den Wolken . 1. Auflage 1923



Die Knechte

Brausend befruchtet das Wasser die harrende Erde,
läßt Schiffe auf seinen demütigen Wellen erbauen,
trägt im sichern Bewußtsein der Pflicht die kostbare Habe der Menschen
sicher und ohne Dank die Ströme entlang und über gewaltige Meere.
Die Räder unzähliger Werke treibt seine Kraft;
Brot und Eisen, Bretter zu Sarg und Wiege,
süße und herbe Gedanken läßt es entstehen,
Tag und Nacht in emsiger Arbeit.
Und sein Gesang dazu ist die ständig rauschende Strophe:
"Ich diene! Ich diene!"

"Götter, entlasset mich aus der Hürde der Sterne!"
So bat mit glühender Brust der gefangene Blitz.
"Seht, wie die Menschen in Dunkel und Kälte verweilen,
Götter, laßt mich zu ihnen hinuntereilen!"
Aufsprang das kristallene Tor
mit den Angeln aus Silber und der goldenen Klinke,
und in freudiger Wildheit stürzte der Blitz auf die Erde
und brachte den Menschen das Leuchten der Götteraugen,
das heilige Feuer.

Aufmerksam sitzt das Feuer im Dunkel unzähliger Essen,
sinnt wach und hellhörig dem Leben der Sonne nach;
springt knisternd auf, berührt eine menschliche Hand
seinen harrenden Leib,
und kocht mit fröhlichem Singen Tee oder Suppe
dem Arbeitsmann,
köstliche Braten und Trüffeln den Reichen der Erde,
wärmt, des lautersten Mitleides voll,
in den Obdachlosenasylen die erfrorenen Glieder
der Brüder und Schwestern Jesu
oder summt einem Dichter die Melodie einer Strophe vor.
In den gewaltigen Bäuchen der Hüttenwerke,
in den Hochöfen, den Schluchten neuzeitlicher Geister,
zerglüht sein Atem Gebirge nach kostbaren Erzen.
Geheimnisvoll raunt es unter den hohen Retorten
und chemischen Gläsern und Töpfen einsamer Gelehrter
und leuchtet im Lämpchen den Denkern
voll gläubiger Hoffnung.
Und immer sind Worte in seinem Fauchen und Knistern,
aus seiner lohenden Glut tönt's wie aus dem schüchternsten Fünkchen:
"Ich diene! Ich diene!"

O wie voll Inbrunst in Demut und Hingabe ist diese Erde
Tag und Nacht an dem Werke, vollkommene Dinge zu schaffen.
In Heimlichkeit webt sie am herrlichen Kleid der Natur,
zu unendlicher Vielheit gestaltet sie irdisches Leben.
Sie ist im Gehirn des Weisen sowie in den Händen des Mannes,
der auf der Straße Steine zerschellt,
im winzigsten Uhrgehäuse,
im Motor, der in der Brust eines mächtigen Baues
zehntausende Räder, Kolben, Walzen und Hämmer bewegt.
Sie ist des Lebens ewig sich regender Geist.
Und ob sie nun jauchzt mit den armen Hirten der Pampas
oder im düstern Maschinengewölbe, in einer Halle der Technik
donnernd den Rhythmus der Zeit angibt,
ihrer Strophe Beginn und Ausklang
lautet ekstatisch, demütig, begeistert und offenbarend:
"Ich diene!"


  Alfons Petzold . 1882 - 1923






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