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Alfons Petzold
Gesicht
in den Wolken . 1. Auflage 1923
Die Nacht
Die Tore schließen sich, denn niemand will die Nacht in seinem Hause und den Stuben haben.
Strahlen ihre Sterne noch so hell, hängt noch so voll des blitzenden Geschmeides ihre Brust
und leuchtet noch so klar der Mond als Diadem in ihren schwarzen Haaren,
unsagbar kühl weht es von ihrem Leib die Menschen an und Grausen weckt ihr Blick.
Denn sie verachtet dies Geschlecht der Diebe, Mörder und Betrüger an sich selbst,
sie haßt dies Erdenvolk, das, allem Tier entlaufen, nichts mehr gemein hat mit dem Sinn der Welt,
ihn stetig schändet, höhnt und groß sich tut mit seinem Wissen, das nichts als einer Allmacht Märchen ist.
Ich aber liebe sie, die Strenge und Gelassene, die ihre Wildheit zähmt und ihre Phantasie,
die gütig gegen alle stummen Dinge ist, sie tröstend an sich drückend und ihren Schmerz verstehend,
wehrlos zu sein vor plumpem, rohem Menschengriff,
die alles Wunde liebt und es barmherzig schützt und pflegt,
das todeswunde Tier der Wälder, den armen durch den Tag gehetzten Mörder,
den Dieb und die bespiene Straßendirne;
die allen Bettlern ihre Nöte nimmt, die Kröte Demut in ihren Herzen tötet
und sie aufrecken läßt zu Königen der Welt;
die durch die Säle der Museen schreitet, den Mumien die Knochenstirne küßt,
die in die Räume der Fabriken das Märchenlicht der Sterne strahlen läßt,
auf daß die stählernen Maschinen wie weihnachtstraumbefangne Kinder lächeln;
die aus dem Kreis der Dichter und Gelehrten den ersten Lärm der Tagestiere bannt
und Reife gab und gibt den größten Werken.
Ich liebe sie und alle Abend wandre
ich ihr entgegen wie einer einzig süßen Frau.
Alfons
Petzold . 1882 - 1923
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