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Alfons Petzold
Totentanz
. 1. Auflage 1923
Herbstliche Elegie
In diesen Tagen, die so still hingehn,
wie müde Frauen, die dem Welken nahe,
sich einmal noch für den Geliebten schmücken -
in diesen Tagen denke ich an eine,
die nichts so liebte, wie den Herbst. -
Wenn sie, auf ihrem Liegestuhl gebettet,
im Garten lag, von milder Luft umflutet,
ging über ihr Gesicht ein stetes Lächeln
und eine fröhliche Gelassenheit
kam uns, den Sorgenden, von ihr entgegen.
Wir wußten, daß ihr Ende nahe war,
und sie wohl auch, denn oft sprach sie davon -
und dennoch, dennoch diese Fröhlichkeit?
An einem Nachmittage, da um sie
der Georginen legten Blüten sprangen,
saß ich bei ihr; da nahm sie meine Hand
und sprach zu mir: "Mein Heißgeliebter,
nun wird der Bäume Atmen immer leiser,
die Blumen bleichen hin, des Weines Laub
glüht feurig auf im legten Schlag des Pulses,
die Bienen tragen nicht mehr Honig heim,
sie flüstern mit den Fliegen von dem Schlaf,
dem großem Schlaf, der allem nahe ist,
was einen Frühling hatte, einen Sommer.
Selbst Pan, der schöne, grüne Gott verläßt
der Gärten säuselnde Gebüsche, um sein Haupt
im fernen Walde Sehnsucht hinzulegen
und einzuschlafen - einzuschlafen.
Ja, ja, die ganze Welt schläft ein,
schläft für mich ein, um wieder aufzuwachen,
für sich und mich - und Ihr, Ihr meint, ich sterbe,
versteckt die Tränen hinter glatter Miene.
Ist das nicht lustig, keines Lächelns wert?
Ich gehe so wie Pan von Euch und werde
mit Tanz und Singen wieder zu Euch kommen,
und schöner, Freund, und freudiger als je,
wird unser Frühling, unser Sommer sein.
Schön ist der Herbst mit seinem Abschiednehmen
und Wissen, daß es wiederkommt:
Die Bäume und die Blumen, unsre Bienen,
das kühle, grüne Laub des Weins, Gott Pan,
der Kränze schwingende und ich, Geliebter,
und auch ich!" -
In diesen Tagen, die so still hingehn,
gedenk ich einer, die von uns gegangen.
Sie liebte so den Herbst, er nahm sie mit,
vielleicht zu ihm. dem grünen, schönen Gott
im Walde Sehnsucht.
Alfons
Petzold . 1882 - 1923
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