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Carl Spitteler
Schmetterlinge
. 2. Auflage 1907
Satyr
Ich schritt mit einer jungen hübschen Frau und schwieg,
Weil mir ein ander Frauenbild vor Augen stieg.
Da kam ein Satyrschmetterling, vom Glanz betrogen,
Mit Ungestüm auf meinen Ärmelknopf geflogen;
Und ob er da auch weder Saft noch Honig fand,
Pocht' er mit ausgestrecktem Rüssel unverwandt.
"Haben Sie je," begann ich, "gnäd'ge Frau, geseh'n
Solch ein verbohrtes, eigensinnig Nichtversteh'n?
Müht sich das Tier und pocht mit stets erneuter Frist,
Um Honig zu erzwingen da, wo keiner ist!"
""Ein Herr,"" versetzte sie ""ist gleichwohl mir bekannt,
Mit dessen Unverstand ist's schlimmer noch bewandt.
Da er, von keinem Mißerfolge je belehrt,
Jahraus jahrein zu zweien Augen wiederkehrt
Und Spott und Klatsch verzeiht und seinen Wert vergißt,
Um Liebe zu ersingen da, wo keine ist.""
Was tun? - - Sie aber schmunzelte vergnügt und heiter:
""Und nun? - Was haben Sie? Erzählen Sie doch weiter!""
Carl
Spitteler . 1845 - 1924
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