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Schmetterlinge
162 Bücher



Carl Spitteler
Schmetterlinge . 2. Auflage 1907



Sibylle

Das ist der Tag, der mir mein Glück gebracht:

Wir schritten durch die schwarze Tannennacht.
Da war kein Pfad, kein Laut, kein Sonnenlicht
Als dein herzinnig Gottesangesicht.

Wie kamen wir dahin? Was suchten wir
Im grabesdüstern Wald? Ich weiß es nicht.
Betäubt und schweigend zog ich hinter dir,
Denn die Versuchung redete mit mir.

Leuchtend im finstern Grunde stand ein Busch,
Welchen ein Sonnenstrahl im Feuer wusch.
Und durch das Feuer schwamm ein Edelstein
Aus Kohle, mit lazurnem Himmelschein.

Und wie wir nun an diesem Busch vorbei
Schlichen fürbaß, siehe: das liebe Ding,
Der benedeite Höllenschmetterling
Begann in Flammenzügen um uns Zwei
Das Band zu schlingen. - Stille standest du
Und schautest sinnend dem Verführer zu.

Dann plötzlich, gleichsam als mißtrautest du
Der Stille, hubst du an, zu mir gewandt:
"Wie wird der schöne Schmetterling genannt?"
Und ich erwiderte: "Sein Name heißt
Sibylle. Das bedeutet, wie du weißt:
Was hier geschieht und wird geschehen sein,
Er will's verschweigen. Sieh, wir sind allein
Im mitternächt'gen Wald. Und du bist mein."


  Carl Spitteler . 1845 - 1924






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