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Eduard Stucken
Das
Buch der Träume . 1. Auflage 1917
Phantasie
Filzsträhnig, wüst die Frau,
wie der Spelunke Bau
altersmorsch, lastergrau,
schmutzstarrend, krank - -
grüßt mich und flüstert: Trink!
winkt, und auf ihren Wink
bringt der Chinese flink
kühlenden Trank.
Süß hat der Saft geschmeckt -
schon lieg ich ausgestreckt;
vor meinen Augen reckt
sich weiß ein Knie;
wird gleich zum Birkenstamm;
Scheere wird's; Flöte; Schwamm;
Feldstecher; Schildpattkamm;
Eismeer; Prärie.
Fellbedeckt wandl' ich mich
äußerlich, innerlich;
raubtierhaft schärfen sich
Kralle und Zahn - -
Puma bin ich; dann Fuchs,
buschgeschweift, rot; dann Luchs;
renne als Iltis flugs;
bin Pelikan.
Sause als Schwalbe hin;
Kondor bin ich und bin
Goldfisch; dann Salm, der in
Bergseen gefriert;
Kugel bin ich aus Glas;
Pfaunfeder, grün wie Gras,
die auf des Clownes Nas'
Aequilibriert.
Kugel dann wie zuvor,
glüh ich als Meteor;
Irrlicht bin ich auf Moor;
bin ein Planet;
Ring, der Saturn umreift;
Stern, der lichtglanzgeschweift
Milchstraßennebel streift,
flieg ich Komet.
Träumt mir die Wandlung bloß?
Ist's doch des Geistes Los,
daß er frei, fessellos,
Schranken zum Spott,
rührt an der Wolken Saum!
Alles ist er im Raum!
Träumt das mein kranker Traum?
Träumt mich ein Gott?
Eduard
Stucken . 1865 - 1936
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