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Erich Mühsam
Brennende
Erde . 1. Auflage 1920
Die Stimme des Gemordeten
März 1919
Gruß aus dem Grab euch, meinen Mördern!
Ich zürn euch nicht ob euer Tat.
Ein jeder sucht das Recht zu fördern,
das er für recht befunden hat.
Ihr glaubt an eurer Ahnen Lehre:
Ich bin der Herr und du der Knecht!
Herr sein erachtet ihr als Ehre
und Ehre als ein Sonderrecht.
Ich aber hielt es mit den Niedern.
Ich sprach dem Volke mahnend zu,
dem Ahnenenkel zu erwidern:
Ich bin kein Knecht, kein Herr bist du!
So kränkt ich euch an eurem Stolze
und nahm dem Volk den Kinderwahn,
als wärt ihr von besonderm Holze,
als wär die Welt euch untertan.
Ich kränkte euch. Ihr nahmt die Rache,
und alle sind wir überzeugt,
zu dienen der gerechten Sache,
der sich der Mensch in Demut beugt.
Mag denn mein Opferblut entscheiden,
ob euer Recht, ob meines siegt,
und ob des Volks, ob euer Leiden
im Weltenratschluß schwerer wiegt.
Fiel mit dem Ballast meines Lebens
des Volks Befreiung über Bord,
dann war mein Werk von je vergebens, -
und sehr gerecht war euer Mord.
Entquillt jedoch aus meinem Blute
die nicht von euch gewollte Saat,
dann preis ich jubelnd die Minute,
die euch die Kraft verlieh zur Tat.
Dann ward der Freiheit zum Erwecker
der Arm der tötenden Gewalt,
dann machtet ihr mich zum Vollstrecker
des Willens, dem mein Leben galt.
Dann wird mein Sterben euer Ende
und euer Tod mein Anfang sein,
dann springt zum Fest der Weltenwende
mein Geist für meinen Körper ein.
Dann wird es endlich sich erweisen,
wer sich und wer die Welt befreit:
Gemeinschaft oder Macht und Eisen!
Hie Zukunft, hie Vergangenheit! -
Der Tod, den ich erlitten habe,
stählt meine Manen zum Gefecht.
Gruß euch, ihr Mörder, aus dem Grabe!
Zum Kampf! und wer gewinnt, hat recht!
Erich
Mühsam . 1878 - 1934
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