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Gedichte, Lyrik, Poesie

Gedichte
162 Bücher



Friedrich Schiller
Gedichte . 1804



Jetzige Generation

War es immer wie jetzt? Ich kann das Geschlecht nicht begreifen.
Nur das Alter ist jung, ach! und die Jugend ist alt.



An die Muse.

Was ich ohne dich wäre, ich weiß es nicht- aber mir grauet,
    Seh ich, was ohne Dich Hundert' und Tausende sind.



Der gelehrte Arbeiter.

Nimmer labt ihn des Baumes Frucht, den er mühsam erziehet,
    Nur der Geschmack genießt, was die Gelehrsamkeit pflanzt.



Pflicht für jeden.

Immer strebe zum Ganzen und kannst du selber kein Ganzes
    Werden, als dienendes Glied schließ' an ein Ganzes dich an.



Aufgabe.

Keiner sey gleich dem andern, doch gleich sey jeder dem höchsten!
    Wie das zu machen? Es sey jeder vollendet in sich.



Das eigne Ideal.

Allen gehört was du denkst, dein eigen ist nur was du fühlest,
    Soll er dein Eigenthum seyn, fühle den Gott, den du denkst.



An die Mystiker.

Das ist eben das wahre Geheimniß, das allen vor Augen
    Liegt, euch ewig umgiebt, aber von keinem gesehn.



Der Schlüssel.

Willst du dich selber erkennen, so sieh' wie die andern es treiben,
    Willst du die andern versteh'n, blick in dein eigenes Herz.



Der Aufpasser.

Strenge wie mein Gewissen bemerkst du, wo ich gefehlet,
    Darum hab' ich dich stets wie - mein Gewissen geliebt.



Weisheit und Klugheit.

Willst du Freund die erhabensten Höh'n der Weisheit erfliegen,
    Wag' es auf die Gefahr, daß dich die Klugheit verlacht.
Die kurzsichtige sieht nur das Ufer, das dir zurückflieht,
    Jenes nicht, wo dereinst landet dein muthiger Flug.



Die Uebereinstimmung.

Wahrheit suchen wir beide, du aussen im Leben, ich innen
    In dem Herzen, und so findet sie jeder gewiß.
Ist das Auge gesund, so begegnet es aussen dem Schöpfer,
    Ist es das Herz, dann gewiß spiegelt es innen die Welt.



Politische Lehre.

Alles sey recht was du thust, doch dabei laß es bewenden
Freund, und enthalte dich ja, alles was recht ist zu thun.
Wahrem Eifer genügt, daß das Vorhandne vollkommen
Sey, der falsche will stets, daß das Vollkommene sey.



Majestas populi.

Majestät der Menschennatur! Dich soll ich beim Haufen
    Suchen? Bei wenigen nur hast du von jeher gewohnt.
Einzelne wenige zählen, die übrigen alle sind blinde
    Niethen, ihr leeres Gewühl hüllet die Treffer nur ein.



An einen Weltverbesserer.

"Alles, opfert' ich hin, sprichst du, der Menschheit zu helfen,
    Eitel war der Erfolg, Haß und Verfolgung der Lohn" -
Soll ich dir sagen, Freund, wie ich mit Menschen es halte?
    Traue dem Spruche! Noch nie hat mich der Führer getäuscht.
Von der Menschheit - du kannst von ihr nie groß genug denken,
    Wie du im Busen sie trägst, prägst du in Thaten sie aus.
Auch dem Menschen, der dir im engen Leben begegnet,
    Reich' ihm, wenn er sie mag, freundlich die helfende Hand.
Nur für Regen und Thau und fürs Wohl der Menschengeschlechter
    Laß du den Himmel, Freund, sorgen wie gestern so heut.



Meine Antipathie.

Herzlich ist mir das Laster zuwider, doppelt zuwider
    Ist mir's, weil es soviel schwatzen von Tugend gemacht.
"Wie? Du hassest die Tugend?"- Ich wollte, wir übten sie alle,
    Und so spräche, will's Gott, ferner kein Mensch mehr davon.



An die Astronomen.

Schwatzet mir nicht soviel von Nebelflecken und Sonnen,
    Ist die Natur nur groß, weil sie zu zählen euch giebt?
Euer Gegenstand ist der erhabenste freilich im Raume,
    Aber Freunde, im Raum wohnt das erhabene nicht.



Astronomische Schriften.

So unermeßlich ist, so unendlich erhaben der Himmel!
    Aber der Kleinigkeitsgeist zog auch den Himmel herab.



Der beste Staat.

"Woran erkenn' ich den besten Staat?" Woran du die beste
    Frau kennst! daran mein Freund, daß man von beiden nicht spricht.



Mein Glaube.

Welche Religion ich bekenne? Keine von allen,
    Die du mir nennst! - Und warum keine? Aus Religion.



Inneres und Aeußeres.

"Gott nur siehet das Herz" - Drum eben, weil Gott nur das Herz sieht,
    Sorge, daß wir doch auch etwas erträgliches sehn.



Freund und Feind.

Theuer ist mir der Freund, doch auch den Feind kann ich nützen,
    Zeigt mir der Freund was ich kann, lehrt mich der Feind was ich soll.



Licht und Farbe.

Wohne du ewiglich Eines dort bei dem ewiglich Einen,
    Farbe, du wechselnde, komm freundlich zum Menschen herab.



Schöne Individualität.

Einig sollst du zwar seyn, doch Eines nicht mit dem Ganzen,
    Durch die Vernunft bist du eins, einig mit ihm durch das Herz.
Stimme des Ganzen ist deine Vernunft, dein Herz bist du selber,
    Wohl dir, wenn die Vernunft immer im Herzen dir wohnt.



Die idealische Freiheit.

Aus dem Leben heraus sind der Wege zwei dir geöffnet,
    Zum Ideale führt einer, der andre zum Tod.
Siehe, daß du bei Zeiten noch frei auf dem ersten entspringest,
    Ehe die Parze mit Zwang dich auf dem andern entführt.



Die Mannichfaltigkeit.

Viele sind gut und verständig, doch zählen für Einen nur alle,
    Denn sie regiert der Begriff, ach nicht das liebende Herz.
Traurig herrscht der Begriff, aus tausendfachwechselnden Formen
    Bringet er dürftig und leer ewig nur Eine hervor,
Aber von Leben rauscht es und Lust, wo bildend die Schönheit
    Herrschet, das ewige Eins wandelt sie tausendfach neu.



Die drei Alter der Natur.

Leben gab ihr die Fabel, die Schule hat sie entseelet,
    Schaffendes Leben aufs neu giebt die Vernunft ihr zurück.



Der Genius.

Wiederholen zwar kann der Verstand, was da schon gewesen,
    Was die Natur gebaut, bauet er wählend ihr nach.
Ueber Natur hinaus baut die Vernunft, doch nur in das Leere,
    Du nur Genius mehrst in der Natur die Natur.



Der Nachahmer.

Gutes aus Gutem das kann jedweder Verständige bilden,
    Aber der Genius ruft Gutes aus Schlechtem hervor.
An Gebildetem nur darfst du, Nachahmer, dich üben,
    Selbst Gebildetes ist Stoff nur dem bildenden Geist.



Genialität.

Wodurch giebt sich der Genius kund? Wodurch sich der Schöpfer
    Kund giebt in der Natur, in dem unendlichen All.
Klar ist der Aether und doch von unermeßlicher Tiefe,
    Offen dem Aug', dem Verstand bleibt er doch ewig geheim.



Die Forscher.

Alles will jetzt den Menschen von innen von aussen ergründen,
    Wahrheit wo rettest du dich hin vor der wüthenden Jagd!
Dich zu fangen, ziehen sie aus mit Netzen und Stangen,
    Aber mit Geistestritt schreitest du mitten hindurch.



Die schwere Verbindung.

Warum will sich Geschmack und Genie so selten vereinen?
    Jener fürchtet die Kraft, dieses verachtet den Zaum.



Korrektheit.

Frei von Tadel zu seyn ist der niedrigste Grad und der höchste,
    Denn nur die Ohnmacht führt oder die Größe dazu.



Das Naturgesetz.

So war's immer mein Freund und so wird's bleiben, die Ohnmacht
    Hat die Regel für sich, aber die Kraft den Erfolg.



Wahl.

Kannst du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk,
    Mach' es wenigen recht, vielen gefallen ist schlimm.



Tonkunst.

Leben athme die bildende Kunst, Geist fodr' ich vom Dichter,
    Aber die Seele spricht nur Polyhymnia aus.



Sprache.

Warum kann der lebendige Geist dem Geist nicht erscheinen!
    Spricht die Seele, so spricht ach! schon die Seele nicht mehr.



An den Dichter.

Laß die Sprache dir seyn, was der Körper den Liebenden. Er nur
    Ist's, der die Wesen trennt und der die Wesen vereint.



Der Meister.

Jeden anderen Meister erkennt man an dem was er ausspricht,
    Was er weise verschweigt zeigt mir den Meister des Stils.



Der Gürtel.

In dem Gürtel bewahrt Afrodite der Reize Geheimniß,
    Was ihr den Zauber verleiht, ist was sie bindet, die Schaam.



Dilettant.

Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache,
    Die für dich dichtet und denkt, glaubst du schon Dichter zu seyn?



Die Kunstschwätzer.

Gutes in Künsten verlangt ihr? Seyd ihr denn würdig des Guten,
    Das nur der ewige Krieg gegen euch selber erzeugt?



Die Philosophieen.

Welche wohl bleibt von allen den Philosophieen? Ich weiß nicht.
    Aber die Philosophie hoff' ich soll ewig bestehn.



Die Gunst der Musen.

Mit dem Philister stirbt auch sein Ruhm, du himmlische Muse
    Trägst die dich lieben, die du liebst, in Mnemosynens Schooß.



Der Homeruskopf als Siegel.

Treuer alter Homer! Dir vertrau' ich das zarte Geheimniß,
    Um der Liebenden Glück wisse der Sänger allein.


  Friedrich Schiller . 1759 - 1805






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