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Friedrich Schiller
Gedichte . 1804



Sänger der Vorwelt

Sagt, wo sind die Vortreflichen hin, wo find' ich die Sänger,
    Die mit dem lebenden Wort horchende Völker entzückt,
Die vom Himmel den Gott, zum Himmel den Menschen gesungen,
    Und getragen den Geist hoch auf den Flügeln des Lieds?
Ach, noch leben die Sänger, nur fehlen die Thaten, die Lyra
    Freudig zu wecken, es fehlt ach! ein empfangendes Ohr.
Glückliche Dichter der glücklichen Welt! Von Munde zu Munde
    Flog, von Geschlecht zu Geschlecht euer empfundenes Wort.
Wie man die Götter empfängt, so begrüßte jeder mit Andacht,
    Was der Genius ihm, redend und bildend, erschuf.
An der Glut des Gesangs entflammten des Hörers Gefühle,
    An des Hörers Gefühl nährte der Sänger die Glut.
Nährt' und reinigte sie! Der Glückliche, dem in des Volkes
    Stimme noch hell zurück tönte die Seele des Lieds.
Dem noch von außen erschien, im Leben, die himmlische Gottheit,
    Die der Neuere kaum, kaum noch im Herzen vernimmt.


  Friedrich Schiller . 1759 - 1805






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