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Arthur Fitger
Fahrendes
Volk . 3. Auflage (vermutlich) 1890
Eine Fabel
1.
Ein Schwan liebt' eine weiße Ente,
Ein albernes, kokettes Ding,
Das seine schönsten Complimente
Mit kühler Prüderie empfing.
"Ich will mich gänzlich dir ergeben,
Will opfern dir mein letztes Blut,
Du bist der Pol in meinem Leben,
Mein schönster Schatz, mein höchstes Gut!
O komm, o laß an's Herz dich drücken!
O sprich, du willst die meine sein!"
Doch wackelnd wies sie ihm den Rücken
Und schlürfte Schlamm und quarkte: - ,Nein!'
2.
Verschmähte Liebe, bitt'res Leid, -
Man könnte fast d'ran sterben!
Ein Himmel voller Seligkeit
Zerstäubt in tausend Scherben.
Doch Tod aus Liebesleidenschaft?
Das wäre zu blamabel;
Drum raff' zusammen deine Kraft
Und zeig' dich respektabel.
3.
Ich bin ein Schwan, ein stolzer Schwan,
Und licht ist mein Gefieder,
Und singend steig' ich himmelan,
Und singend tauch' ich nieder.
O Thatendrang! o Lebenslust!
O sel'ger Götterfriede,
Als hielte sich in meiner Brust
Verborgen der Kronide!
Wie Nebel vor dem Tag zerstiebt
Das Sehnen und das Grämen;
Und denk' ich, daß ich die Ente geliebt,
Muß ich mich zu Tode schämen.
4.
Daß du die Ente liebtest, schöner Schwan,
Das darf dein Herz nicht allzusehr verletzen;
Ihr dichtetest du deinen Adel an
Und schmücktest sie mit deinen eignen Schätzen.
Um ihren unbedeutend platten Kopf
Schlangst du die Kränze deiner Ideale;
Da mußte wohl der simple Entenschopf
Verklärt erscheinen in der Schönheit Strahle.
Sie war nur ein Symbol, ein Zeichen dir,
Das du mit deines Geistes Glanz besonntest;
So liebtest du begeist'rungsvoll in ihr
Das Allerhöchste, was du lieben konntest.
Arthur
Fitger . 1840 - 1909
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