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Arthur Fitger
Fahrendes
Volk . 3. Auflage (vermutlich) 1890
Wie das Roß Bayard ertränkt wurde
Ergebt Euch mir, Herr Rainald, ergebt Euch meiner Macht;
Geschlagen habt Ihr heute die allerletzte Schlacht;
Rings lagern meine Mannen um Eure weiße Burg,
Durch ihre Erzumarmung schlagt Ihr Euch nimmer durch.
Ergebt Euch mir, so will ich das Wort der Gnade sprechen,
Und was Ihr auch gesündigt, nimmer will ich's rächen;
Euch werde Krieg und Aufruhr mildiglich verzieh'n,
Kehrt heim zu Eurem Kaiser, mein stolzer Paladin!
Nur einen Preis begehr' ich für die erneute Huld,
Nur eine Buße heisch' ich zur Sühnung Eurer Schuld:
Gebt mir den riesigen Renner von zauberhafter Art;
Sterben soll das übergewaltige Roß Bayard.
Ihr habt die besten Kämpen durch dieses Rosses Kraft
Besiegt, und längst schon lägt Ihr in wohlbewachter Haft;
Doch immer trug der Renner sicher Euch von dannen -
Den argen Zauber will ich mit seinem Tode bannen."
Der Kaiser hat's gesprochen; Herr Rainald seufzte schwer,
In seiner Burg die Treuen rief er um sich her;
Da stierte Not und Elend aus hohlem Aug' ihn an,
Dahingestreckt vom Fieber lag mancher kühne Mann.
Bayard hatte hungrig das Halfterseil zerrissen,
Und an den leeren Krippen nagt' er mit gier'gen Bissen,
Vertrocknet war im Hofe des Wassers letzte Quelle
Und enger, immer enger umschloß der Feind die Wälle.
,Wohlan!' sprach Herr Rainald, ,so komme das Gericht!
Wir haben ausgehalten - wir können fürder nicht;
Wollen wir noch länger fristen das junge Leben,
Wir müssen Karl dem Kaiser uns gefangen geben.'
Er nahm Bayard am Zügel; ihm folgt' die treue Schaar,
Sie boten sich gefangen dem Sieggekrönten dar.
Von Scham durchglüht, mocht' Rainald keinen Blick aufschlagen:
,Ihr gehrt mein Roß, Herr Kaiser, ich kann's Euch nicht versagen.
Fahr' wohl, Bayard, der mit mir so oftmals in das wilde
Getümmel laut aufwiehernd hinstürmte durch's Gefilde!
Du warst mir oft der einz'ge Genoß im Schlachtgewühl,
Mein Führer durch die Wildnis, auf ödem Feld mein Pfühl.
Du horchtest meiner Stimme, du kanntest meinen Schritt,
Und wenn ich fröhlich jauchzte, dein Jauchzen tönte mit;
Du wecktest meine Seele, wenn sie in Sorg' erschlafft -
Nun nimm den Dank der Treue, der Waffenbrüderschaft.
Nun beugen sie mit Steinen deinen stolzen Hals,
Sie führen dich zur Brücke des schaumigen Wasserfalls;
Fahr' wohl, mein Roß, zum Letzten klopf ich den Nacken dir.-'
Bayard antwortet leise mit klagendem Gewieh'r.
Da faßten ihn die Knechte, und mit jähem Stoß
Schleuderten sie den Renner in der Fluten Schoß;
Aufbrausend hub der Strom sich mit zischendem Wirbeln und Schäumen -
Bayard begann in den Wogen mächtig sich aufzubäumen.
Aus seinen Nüstern sprühte zornig hoch der Dampf,
Die Wasser tobten und brüllten vor seiner Hufe Gestampf;
Wie weiße Drachen sprangen auf ihn ein die Wogen,
Dreimal ward der Renner vom Wirbel zu Grund gezogen.
Dreimal rang er wieder sich mit Macht hervor,
Ueber Geröll und gestürzte Stämme klomm er empor,
Und mit gewalt'gen Sätzen von Fels zu Felsenstück
Stürmt' er an's rettende Ufer zu seinem Herrn zurück.
Und wiehert' in hellen Freuden, und schmeichelt' ihn traulich an:
Warum, möcht' er ihn fragen, hast du mir so gethan? -
Doch Kaiser Karl hieß wieder herbei die Knechte rufen,
Die banden neue Lasten dem Roß an Hals und Hufen,
Centnerschwere Steine, Marmel und Porphyr,
Und schleuderten zum andern hinunter das edle Thier.
"Nun wendet weg das Antlitz, Herr Rainald, sonsten nimmer
Versinkt in den Fluten Bayard, der starke Schwimmer."
Herr Rainald hörte donnernd die wilden Wasser toben,
Noch hatte Bayard sich wieder aus der Flut erhoben,
Herr Rainald hörte lange sein Wiehern und Gestöhn;
Dann rauschten dumpf die Wasser - und dann - es war gescheh'n.
Nun ritten die Gefang'nen frei nach allen Seiten;
Ihr Herr wollt' aber fürder auf keinem Rosse reiten:
,Nimmer mag ich jagen nach hohen Heldenthaten,
Mir ist, als hätt' ich schändlich den besten Freund verraten.
Ade, mein treues Schlachtschwert, ade, ihr blanken Waffen!
Ich will mit Knechtes Arbeit hinfort mein Brod mir schaffen;
Gen Köln entbeut der Bischof rüstige Baugesellen,
Die ihm richten helfen Kirchen und Kapellen.
Dort will ich Balken schleppen, dort will ich Steine hauen
Und Gereon's, des heiligen Ritters, Kirche bauen,
Nimmer sollen müssig rasten meine Hände;
Du reicher Gott im Himmel, gieb mir ein baldig Ende!'
Arthur
Fitger . 1840 - 1909
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