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Arthur Fitger
Requiem
aeternam dona ei . 1. Auflage 1894
O, wie war ich so nah' dem Hafen des ruhigen Alters!
Sänftlich führte nach viel bestand'nen Gefahren das Fahrzeug
Heim den Dulder; ich glaubte beinah' die Cypressen zu sehen,
Die einst über mein Grab die friedlichen Schatten zu sehen,
Die einst über mein Grab die friedlichen Schatten zu breiten
Mir vom Schicksal bestimmt; ich athmete weise Entsagung
Und, ein Verklärter, blickt' ich zurück auf die Stürme der Jugend;
Denn ich wähnte sie sicher verwahrt und gefesselt im Busen.
Doch welch' and'res Geschick ward mir von den Göttern gewoben?
Hilf mir, Herrscher im Donnergewölk, hilf, Göttin der Weisheit!
Weh', sie reissen sich los, die gebundnen Dämonen, sie brechen
Wüthend und jegliche Schranke zerschmetternd, nach Maß und nach Ziel nicht
Fragend - Triumph ihr Geheul - hervor aus dem Kerker des Herzens
Freiheitstrunken! - Der Mast zersplittert, das krachende Steuer
Spottet der lenkenden Hand und in's Reich unermeßlicher Wunder
Treib ich dahin, wahnsinnig; vom Salzschaum trieft mir die Locke,
Und dem geblendeten Aug' erlöschen die ewigen Sterne.
Saitenspiel und Gesang! Welch' herzbezaubernder Wohllaut!
Singen Sirenen? begrüsst Nausikaa lächelnd den Gastfreund?
Kirke wiegt mir das Haupt in zärtlichen Armen, die Wonne
Aller Himmel umblüht Kalypsos schattige Grotte.
Doch nicht Skyllas Gebell, Charybdis Schlund, Polyphemos
Mörd'risches Maul - ach Nichts erspart mir das grause Verhängniss,
Nicht die Hölle, die Schaar der entsetzlichsten Grauengestalten.
Ueber mir schlägt das Chaos zusammen. Auf stille Cypressen
Ueber der friedlichen Gruft verzichtet' ich längst; mein gebleichtes,
Meerumspültes Gebein ruh' aus an vereinsamter Klippe,
Und wenn mit Mövengekreisch der Skandal es umlästert, dann brandet
Zorniger auf in Empörung, ihr Wogen, und singt mir das alte,
Ewige Lied von dem Herzen, das viel zu trotzig zur Knechtschaft,
Viel zu stolz für die Lüge zu Grunde ging an sich selber.
Arthur
Fitger . 1840 - 1909
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