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Hanns von Gumppenberg
Schauen
und Sinnen . 1. Auflage 1913
Der Rechte
Auf Kynast hauste klug
Junggräfin Kunigunde;
Es war ein scharfer Zug
An ihrem schönen Munde.
Sie ließ verkünden weit
Im blütenweißen Maien:
"Gern wär' ich wohl gefreit,
Doch muß ein Held mich freien!
Muß furchtlos hoch zu Roß
Auf schmaler Mauerzinne
Umreiten dies mein Schloß -
Dann wird ihm meine Minne!"
Wohl mancher Recke kam,
Den Dank sich zu erwerben -
Doch jeden Kecken nahm
Der Abgrund ins Verderben.
Dem Fräulein war's nicht leid
Um all die schlimm Genarrten;
Sie sprach: "Ich habe Zeit,
Den Rechten abzuwarten!"
Da kam im Morgenlicht
Ein Junker angeritten,
Der wenig schien erpicht
Auf heiße Minnesitten.
Gleichmütig sah er drein
Nach Art der gröbsten Knappen,
Ritt nicht voll Ehrfurcht ein,
Hielt draußen auf dem Rappen,
Und rief zum Burgwart auf:
"Hab allerlei vernommen
Von einem Ritterhauf,
Der hie zum Wettkampf kommen,
Zu einem Reiterstück,
Das leicht den Hals kann kosten -
Gern wagt' auch ich mein Glück,
Wie sonst bei einem Tjosten!
Doch hört' ich noch nicht klar,
Um welchen Preis man streitet -
So sagt mir kurz und wahr,
Was man bei euch erreitet?"
Der Wärtel gab Bescheid;
Da rief der Fant verdrossen:
"Verdammt! so ist mir leid,
Daß ich um Narrenspossen
So weit geritten her!
Ein Weib? Ich wag die Knochen
Für alle Mannesehr',
Doch nicht für Zuckerwochen!
Die kann ich leichter han
Bei manchem guten Kinde -
Ade, Herr Kastellan,
Ich reit' in alle Winde!"
Und gab, noch als er sprach,
Dem Rappen jäh die Sporen -
Die Herrin sah ihm nach,
In dunklen Gram verloren:
Dieweil es sie durchfuhr,
Daß von den Freiern allen
Ihr just der eine nur
Ausnehmend wohlgefallen.
Hanns
von Gumppenberg . 1866 - 1928
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