Weil eine Kirche wo im Osten steht

Manchmal doch macht Einer aus den Gassen
dieser Welt sich auf und geht allein,
suchend auf der stillsten aller Straßen
nach dem ferngeschauten Morgenschein.

Und er geht und geht, weil ihn ein Wehen
fernster Glocken lockt von irgendher.
Kann sein Auge nicht die Kirche sehen:
dennoch glaubt er ihr und eilt noch mehr.

Denn er möchte die geglaubte schauen,
weil die andern all, die sichtbar sind,
seiner Seele raubten das Vertrauen.
Und er weiß: ihn wird der Geisteswind

über alle Höhn, durch alle Tiefen
in der Zukunft Tempel führen ein.
Glocken, die so heimatselig riefen,
können keine Totenglocken sein.


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

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