Gott und ich

Der Gott, der mich in meine Wälder wies,
Ist bei mir, lebt in mir, und ich in ihm.
Er ist Erfüllung, wenn ich Sehnsucht bin,
Er ist die Stäte, wenn mich Unrast treibt;
Ist Friede, wenn ich fried- und freudlos geh;
Er sühnt die Seele, die in Schwachheit fiel,
Und heilt das Herz, das wundenweh und krank;
Er ist die Stille, wenn mich Sturm umtost,
Und selber Sturm, wenn mich die Stille lähmt;
Er ist die Hand, die mich als Harfe hält
Und Lieder löst, wenn unerlöst das Leid.
Doch glänzt ein Glück auf mich, lässt er das Leid
Als Schatten gleiten über mein Gesicht,
Dass mich das Glück nicht blende, dass ich nicht
Den Schein erwähle statt der Wesenheit.
        So lebt mein Gott in mir und ich in ihm -
Wer will uns scheiden, meinen Gott und mich?


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

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