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Karl Ernst Knodt
Neue Gedichte . 1. Auflage 1902



Das einsame Grossmütterlein

Da sitzt sie hier unten allein in der Welt -
Und schickt ihre Blicke zum Himmelszelt
Jeden Morgen und Abend hinan
Zu dem geliebten toten Mann.
Sie sucht ihn im Leben und nicht im Tod:
Wie könnte sie anders ertragen die Not,
So lang, ihm fern, hier unten zu gehn,
Gäb's nicht ein endliches Wiedersehn!

Und kocht sie ihr Süppchen und braut sie den Thee,
Noch thut sies gemütlich, wie immer. Doch weh!
Wie schmeckte es anders und besser zu zwein,
Als nun an dem grossen Tisch ganz allein!

..Die Träume doch tragen das Einst ihr zurück;
Auch strahlt ihr ,Sein Bild' tagtäglichen Blick,
Als wollt es sagen: ,Fürchte dich nicht.
Es leuchtet uns beiden ein ewiges Licht.
Du hütest die Liebe. Ich hüte die Treu.
Und über ein kleines wird alles neu!
Das Sternlein, das jeden Abend so hell
Im Fenster dir steht, ein guter Gesell,
Es strahlt - wie nah dir der Himmel brennt,
Und dass nur ein einziger Schritt noch trennt.'..


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917






Gedicht: Das einsame Grossmütterlein

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Das einsame Grossmütterlein, Karl Ernst Knodt