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Karl Ernst Knodt
Neue Gedichte . 1. Auflage 1902



Herbstsonnensegen

Das Bild kannst du wohl sehen
In später, heller Herbsteszeit -:
Wenn du im Wald wirst gehen,
In Wäldern tiefer Einsamkeit,
So siehst du stets die Sonne,
Doch siehst du selten nur der hellen
Ins Herz .. Es ist als hab sie sich versteckt,
Und nur an freien Stellen
Dich ihre letzte Wonne
Gleichwie ein sterbend Auge deckt.

Das ist auf jenen Höhen,
Wo eine weite Lichtung blaut.
Dort siehst du sie still stehen
Wie eine mütterliche Frau
Und segnen die verklärte Au.
Mit vollen Abschiedsblicken schaut
Sie lang dich an - als wollt sie sagen:
O hab mich lieb! In wenig Tagen
Geh ich dir fort,
Nach fernem, erdenfernem Ort.
Dann liegt der Wald, dann liegt die Welt
Vor deinen Blicken unerhellt.
Und suchen wirst du, du wirst weinen
Nach meinem endlichen Erscheinen.

... So kniee dich auf deinen Wegen
Noch einmal tief in meinen Segen,
Dass für die ganze Winterzeit
Dein Herz durch Sonne sei gefeit.


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917






Gedicht: Herbstsonnensegen

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Herbstsonnensegen, Karl Ernst Knodt