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Karl Ernst Knodt
Neue Gedichte . 1. Auflage 1902



Der Bergprediger

Ein Berg - mit Namen unbekannt
Und doch von aller Welt genannt;
Ein Berg - für Zeit und Ewigkeit
Durch einen Prediger geweiht.
Hier sass der Christ auf seinem Thron,
Ein König ohne Königskron.
Hier that sein güldner Heilandsmund
Der Welt das grosse "Selig" kund.
Von hier erging in alle Welt
Das Licht, das alle Nacht erhellt.
Von hier erklang das Wunderwort,
Das Wunder wirkt an jedem Ort.
Hier pflanzte Er des Lebens Reis
Und gab den ewigen Dingen Preis:
Der Sanftmut und Barmherzigkeit,
Der göttlichen Gerechtigkeit.
Die Lilie lobt Er auf dem Feld,
Die Vögel unterm Himmelszelt,
Und streute göttliches Vertraun
Als Saatkorn auf die dürren Au'n.
Er lehrte: Euer Wort sei "Nein!",
Und ist's ein "Ja!", soll's auch so sein.
Hier sprach Er: Liebe Deinen Feind,
Und segne, wer in Reue weint!
Hier hiess Er ,Vater' unsern Gott,
Und hauchte Geist in das Gebot.
Als höchstes pries Er - Herzen rein:
Die sind und sollen selig sein!
Auch wies er uns, wie das Gebet
Den strahlenden Weg zum Himmel geht.
Hier hat Er jenes Reich gebaut,
In das der Glaube hoffend schaut,
Das sich der Liebe leuchtend zeigt,

Das Reich, in dem die Sehnsucht schweigt.
Dann schritt Er in die Welt hinab
Und fand als Lohn - ein Kreuz und Grab.


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917






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