Im Chor der Seligen

In Sonnengärten heiligen Glanzes ging mein Geist,
Im Chor der Seligen, die den Frieden fanden.
.. Vor einem Spiegel eigner Klarheit,
Geformt aus Einem Diamant,
Der ganz mein Wesen offenbarte,
Stand ich erstaunt,
Die vielen Rätsel irdischen Seins durchschauend
Mit einem Blick bis auf den letzten Grund.
Kein leiser Hauch auf der kristallnen Reine!

Hier schaust du - sprach das Spiegelbild - dein Leben
Und jeden deiner Schritte klar enthüllt;
Auf jedes Fragezeichen deiner Schmerzen
Die helle Antwort, und auf alles Dunkel
Beleuchtung - durch das ewige Licht.

Nun weisst du auch, wie jeder grosse
Und wahre Schmerz ein Weiser ward zu Gott.
Zu Füssen liegt dir alles Schwere
- Fin Wölkchen an dem heitern Himmel,
Das bald und leicht ein Wind verweht.
Auch alle Schatten deiner Schuld, der scheuen:
Erlösungshauch hat sie hinweggewischt.
Die ewige Liebe heilt hier jedes Weh.

.. Da schauerte mein Geist ob solcher Schauung,
Und sank gesegnet zu der Welt hinab
- Aus Sonnengärten goldnen Glanzes
Zur Wüste, in ihr Weh und Wallen ...
Doch eine Leuchte blieb mir dieser Blick!


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

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