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Karl Ernst Knodt
Von
Sehnsucht, Schönheit, Wahrheit . 1. Auflage 1910
Adventsklage
Trüb vertrauert' ich den Tag. Denn eine Wolke
Hing, wie überm Herz, so über meinem Volke.
"Sieh! Er kommt, Dein König!" -: das klang so umdüstert,
Wie der Herbstwind draußen in den Pappeln flüstert.
Und ich mußte weinen, weil nach so viel Jahren
Immer noch die Christen fern dem Christus waren.
Auf der hohen Wolke ließen sie entschweben,
Den wir doch, wie Keinen, brauchen für das Leben.
In die Kirchenmauern hatten sie getrieben,
Der auf diese Erde kam, die Erde lieben.
Und Den sie zum Weltenrichter taten krönen,
Lebte, litt und starb Der nicht, uns zu versöhnen?
Himmelsglorie hatten sie ums Haupt gewunden
Ihm, der an Geberden als ein Mensch erfunden.
Der in allem sündlos ward versucht auf Erden,
Uns zu zeigen, wie wir Menschen Gottes werden.
Drum auch stand Er ferne all' dem dumpfen Beten
Der doch mitten unter uns als Freund getreten.
Trotz des Glockenläutens war Er nicht gekommen
Den vom Himmel her erhofft aufs neu' die Frommen,
Den sie nicht in einer Einigen Kirche fühlen,
Dem sie noch das Herz mit Zank und Streit zerwühlen ...
Darum klagt' ich ... Mit mir klagt und fragt das Leben:
Wann wird wohl der Heiland neu sein Haupt erheben?
Und der Erde Dunkel wie ein Licht durchwandeln? ...
- Freunde, hört es! Wenn in Seinem Geist wir handeln!
Karl
Ernst Knodt . 1856 - 1917
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