Kommt mit!

Kommt mit! Ich führ' euch ewige Wege,
Kommt mit! Ich zeig' euch goldene Sterne,
- Nicht mehr aus der erdtiefen Ferne,
Nein! Ganz nah! Auf schwindelndem Stege,
Hoch wie der Falke über dem Volke,
Wie auf einer wandernden Wolke
Müßt ihr mit zu schweben verstehn,
Anders könnt ihr zu Sternen nicht gehn.
Aber ihr werdet auch Wunder sehn:
Weite Wege, die nimmer stauben,
Umflattert von Scharen schneeweißer Tauben;
Wiesen mit ewigen Blumensternen,
Wälder, sich dehnend in endlose Fernen;
Felder voll unverwelklicher Ähren;
Brunnen, die nie ihr Wasser ausleeren,
Silberne Glocken, durchläutend die Runde,
Ruhige Uhren, die keine Stunde
Mehr verkünden. - Hier starb die Zeit.
Was wir hören, ist Ewigkeit; -
Und helle Seelen, wie schneeige Seide,
Erlöst von allem Erdenleide;
Und Hände, haltend demant'ne Schalen,
Drin blumengleich sich Monde malen;
Und Friede und Freude auf allen Pfaden,
Und alles versöhnt vom Glanz der Gnaden;
Und Sonnen, umsingend der Gottheit Thron,
Und auf dem Throne des Menschen Sohn,
Die Dornenkrone von Rosen umlaubt,
Heil aller Wunden, von allen geglaubt.


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

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