Von den klingenden Sternen

Siehst du dort den Stern, wie eine Stadt,
Hochgebaut? .. Ob sie auch Menschen hat? ...
Seelen? .. Leiderlöste Seelen,
Die nicht mehr mit Schuld sich quälen?

Manchmal hör' ich in dem Abendwehn
Starke Stimmen von den Sternen gehn.
Ob es Hilferufe Unerlöster sind?
Ob ein dorthinauf verflog'nes Erdenkind,
Wie das Schiff in seinem Hafen,
Möcht' im Grabe weiter schlafen?

Wenn ich so aus meinem engen Herzen
In die weite Sternnacht trete, deren Kerzen
Wie die hellen Heimatlichter brennen:
Oh! wer kann die große Sehnsucht nennen,
Die in solchen Glockenstunden
Meine Seele schon empfunden?
Manchmal war es mir, als ob mich grüßte
Meine Mutter, - und ich mein', ich müßte
An der langgestorbnen Stimme sterben ...
Wolle keines um die Wahrheit werben,
Die aus jenen geisterhaften Fernen
Von den klingenden, singenden Sternen
Mir ins zage Herz gezittert!
Weher ist's, wie wenn's gewittert
Und der Blitz hat eingeschlagen ...
So was läßt sich nicht ertragen
Ohne Gott! .. Nur wem die Zeit
Überfloß in Ewigkeit,
Kann sich solche Stimmen deuten
Als der Heimat Glockenläuten.


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

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