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Karl Ernst Knodt
Von
Sehnsucht, Schönheit, Wahrheit . 1. Auflage 1910
Zwei Gedichte an Friedrich Nietzsche
I.
"Des Übermenschen Schönheit kam zu mir als Schatten" -:
Doch Wesenheit will ich! Ich will das Licht!
Und mit der Wahrheit nur als Weib will ich mich gatten;
Die andern Überweiber kenn' ich nicht.
Des Gottesmenschen Schönheit kam zu mir als Wahrheit:
Gesegnet sei sie wie das Sonnenlicht!
Nun weiß ich meinen Weg. Ich seh' das Ziel in Klarheit.
Und wenn ich sterbe, geht's ins ewige Licht!
II.
"Es gibt einen großen Umlauf, ein
großes, ungeheures Weltenjahr des Seins,
in dem alle Formen, die es einst gegeben,
wiedergeboren, alle ehemaligen Inhalte
wieder erzeugt werden.
Du sagst: Es kommt ein großes Weltenjahr,
Ein ungeheuer großes Jahr des Seins,
Wo alles wieder wird, was einstens war,
Und nur begraben bleibt die Welt des Scheins.
Wo das, was Wesen war, sich neu gebiert,
Und was der Geist getauft, ins Licht sich hebt,
Und was sich heimfand, nie mehr sich verliert,
Wo jedes Lieben ewiges Leben lebt.
Ahnst du denn nicht, daß dies die Hoffnung ist,
Die einst der Osterfürst der Erde gab?
Für diese Hoffnung blutete Der Christ,
Und sie umblüht noch jedes Christen Grab!
Karl
Ernst Knodt . 1856 - 1917
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