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Hermann von Lingg
Schlußsteine
. 1. Auflage 1878
Die Kämpfer von Eleusis
Aufgebrochen mit den Schiffen war das Volk Athens zur Schlacht,
Von Gebeten mehr als Waffen war indeß die Stadt bewacht.
Oede lag die Burg und einsam, in der Greise schwacher Hand,
In der Frauen bangem Flehen all ihr Schutz und Widerstand.
Fernher an der Tempel Wölbung hallte dumpf und ungewiß
Kampfgeschrei und Waffendonner von der Bucht bei Salamis;
Doch zwei Hirten im Gebirge sahen da mit einemmal
Mächtige Gestalten schreiten längsher des Kephissos Thal.
Von Eleusis kam gewandelt, kam in Wirbeln Staub ein Zug
Vieler Tausend, deren jeder Schild und Schwert und Lanze trug.
Und von hellem Schall begleitet, wie an einem Bacchustag,
Stürmten sie heran mit Rufen, mit der Erze lautem Schlag.
Voll Erstaunen sprach der Jüngling, zu dem ältern Mann gewandt:
Weh, was naht? und jener: Hörst du's, Hilfe wird gesandt!
Sieh nur, wie sie aus den Tiefen in dem schwarzen Pinienhain
Unablässig aufwärts steigen, schaarend sich zusammenreihn.
Alle, welche je der Feier in Eleusis beigewohnt,
Alle, die schon unten weilten, wo die heil'ge Mutter thront,
Alle, die mit Opferfrüchten ihren Altar je geehrt -
Wie sie einst dahingezogen, kommen sie zurückgekehrt.
Aus des Hades finst'ren Reichen kommen sie heraufgewallt
Ihre Vaterstadt zu retten vor des Perserherrn Gewalt.
Also sprach der Greis und senkte seine Blicke scheu entsetzt,
Denn wie eine Wetterwolke kam es nah und näher jetzt,
Furchtbar waren diese Schatten, wie sie zürnten, anzuschau'n,
Murmelnd wie die styg'schen Fluthen, dräuend wie das Todesgrau'n.
Furchtbar von erhab'nem Ansehn, stürzten sie, zum Kampf bereit,
Wie geflügelt nach dem Meere, stürzten jauchzend in den Streit.
In derselben Stunde wandte von den Persern sich das Glück,
Ihre Schiffe wichen zagend vor der Griechen Schwert zurück;
Kiel an Kiel zerbarst im Toben, in des Kampfs empörter Wuth.
Von den Leichen, von den Trümmern war erfüllt die schwarze Fluth
Und wie bei Eleusis Festen Jubel einst die Luft durchdrang,
So vernahm jetzt Hellas Ufer seiner Söhne Siegsgesang.
Hermann
von Lingg . 1820 - 1905
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