Die Opfer der Verläumdung

And're Rechnung wird geschlossen,
Wo das Recht des Herzens gilt,
Als beim Troß der Zeitgenossen,
Der den Wissensdurst in Gossen
Schmutziger Verläumdung stillt.

Grinset, ihr davon Besoff'nen!
Doch nur stumm und ungetrübt
Stehn die meuchlerisch Getroff'nen,
Wenn man gleich an ihren off'nen
Wunden jeden Hohn verübt.

Ahnungslos, warum sie leiden,
Klagen sie sich selber an,
Bitten ab noch im Verscheiden
Jenen, deren tückisch Neiden
Ihnen Alles angethan.

Täglich unter solchen Wunden
Sinken tausend Opfer hin,
Und das Gift wird nie gefunden,
Das in ihre schönsten Stunden
Die Verläumdung ausgespie'n.

Fielt ihr, o verläumderische
Freche Zungen, doch ins Meer,
Und für euer Wuthgezische
Würdet ihr dort stumme Fische!
Nein! zu groß wär euer Heer.

Nicht der Ocean könnt' es fassen,
Und er hätte keine Ruh',
Also muß man euch zwar hassen,
Aber auch gewähren lassen,
Natterzungen, stecht nur zu!


  Hermann von Lingg . 1820 - 1905

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