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Hermann von Lingg
Schlußsteine
. 1. Auflage 1878
Herbsttag
1.
Blumensamen, Zwiebel, Knollen
Schmücken meinen Gartentisch,
Ueberragt von traubenvollen
Rebgezweigen duftig frisch.
Hie und da ein Blatt vom Hage
Jagt der Herbstwind rasch vorbei,
Angedenken schöner Tage,
Traum und Bild vom holden Mai.
Alles wieder ihr zu legen
Nächstes Frühjahr in den Schoß,
Lös ich ihres Jahres Segen
Von der alten Erde los.
Und so schein ich selbst als alter
Demiurgos hier zu stehn,
Ein Bewahrer und Erhalter
Zwischen Welken und Vergehn.
2.
Still harren, ihres Schmucks entkleidet,
Die Buchenhöhn der Abendruh',
Die Wiese liegt schon abgeweidet,
Den Weiher deckt der Nebel zu.
Vor Jahren unter diesen Bäumen
Mit meinem Freunde saß ich froh,
Wir bauten uns in Jugendträumen
Der Zukunft schönes Irgendwo.
Mich zieht zurück ein stilles Sehnen,
Ich möcht' so sorglos wohl noch heut
An jenen Baum mich wieder lehnen;
Nur liegt zu vieles Laub verstreut.
Du treuer Wald, bei dir blieb Alles,
Noch wie es war, und stiller auch
Verweht im Wehn des Blätterfalles
Der eignen Wehmut leiser Hauch.
Hermann
von Lingg . 1820 - 1905
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