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Hermann von Lingg
Schlußsteine
. 1. Auflage 1878
Jurga
Fakellichter sprühn im Saal
Auf dem Schloß des Wojewoden,
Ballmusik und Kerzenstrahl,
Und es dröhnt vom Tanz der Boden;
Säbelklirren, Sporenklang,
Blumenkränze, lose Schleier;
Tage durch und Nächte lang
Währt die wilde Siegesfeier.
In den Lärm des Jubelschalls
Blickt ein Reiter schwer umdüstert
Auf die Königin des Balls,
Die ein Wort ihm zugeflüstert.
Nur ein hingehauchtes Wort,
Nur ein Blick war's, flücht'ger Dauer;
Aber, tanze du nur fort,
Spricht er vor sich hin in Trauer.
Dein verlornes Liebesglück
Wirst du doch nicht wieder finden,
Hoffe nicht, es kehr zurück,
Was du einmal sahst entschwinden.
Siehst du dort im Leichentuch
Jene, die dich mußten lieben,
Sie, die deiner Schönheit Fluch
In den Kampf und Tod getrieben.
Aus der Gruft hat dein Verrath
Ihre Schatten her entboten;
Stolz wie eine Heldenthat
Blickst du über diese Todten.
Eine dunkle Geisterschaar
Schwebt heran, die letzten Stunden,
Aber in dein Lockenhaar
Hast du Blumen dir gewunden.
Thränen, wie die Freude weint,
Schaun aus diesen Blumenringen,
Alles drängt sich, dir vereint,
Huldigungen darzubringen;
Tanze denn und führe froh,
Blendend Zukunftsbild, den Reigen
Hoch - im Kelchglas soll dir so
Zum Leb'wohl die Perle steigen!
Und die Dame - mit Geschick
Neigt sie grüßend ihm den Fächer;
"Wie? mit solch umflortem Blick
Starrt mein Theurer in den Becher?"
Und er drückt ans Herz die Hand,
Neigt sich tief und spricht: "O schöne,
Schönste Frau, dem Vaterland
Fielen seine besten Söhne."
Spricht's und schreitet aus dem Saal
Fort in Nacht, in Sturmeswehen,
Schmerzlich hat sie noch einmal
Und noch lang ihm nachgesehen.
Und dann lächelnd wie zuvor
Sieht sie wie die Paare flogen,
Während hastig er durchs Thor
Fortsprengt über Brück' und Wogen.
Draußen aber harren sein
Lagernd um verkohlte Scheiter,
Drauß im Wald beim Mondenschein
Hohlgeaugte Panzerreiter.
Sie begrüßen ihn, die Hand
Reicht ihm jeder nach der Reihe:
"Unser ist das ganze Land
Bruder, sieh hier lauter Freie!"
Also murmelnd hält der Kreis
Freundlich nickend ihn umgeben,
Während in der Brust zu Eis
Ihm erstarren Blut und Leben.
Mit uns, heißt's, und rasselnd auf
Stürmen sie auf schwarze Rosse,
Züngelnd schlagen bald darauf
Hoch die Flammen aus dem Schlosse.
Hermann
von Lingg . 1820 - 1905
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