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Hermann von Lingg
Schlußsteine
. 1. Auflage 1878
Pompejanische Heminiscenz
Nun ich wieder deine Mauern,
Sonniges Pompeji, seh',
Faßt mich unermeßlich Trauern,
Faßt mich unaussprechlich Weh.
Nicht weil einstmals ein Zerstören
Deine frohen Menschen traf,
Nein, weil ich sie glaub' zu hören
Athmen noch im Todesschlaf.
Die hier unter Lust und Scherzen
Sich zum heit'ren Mahl geschmückt,
Sind auf einmal meinem Herzen
Wie lebendig nah' gerückt.
Seit sie dort hervorgetreten,
Und gesellt sich zum Gelag
In der Runde wie Planeten,
Scheint verflossen kaum ein Tag.
Singt, und eure Reigentänze
Führet, Holde, munter fort!
Windet eure Blumenkränze,
Und du, Schönste, sprich ein Wort!
Seht, ich kann die Hand euch reichen,
Kommt doch, schwingt den Becher Wein!
Lydia winkte mir ein Zeichen;
O wir wollen glücklich sein!
Ihr verstummt? die Wohlgerüche
Hauchen in Verwesung aus.
Oeffnen keine Zaubersprüche,
Helena, dein gold'nes Haus?
Keine! Wie das Längstverfloss'ne
Bleibt die jüngstentflohene Zeit
Unten, ewig die verschloss'ne
Beute der Vergangenheit.
Ach, daß Alle, die geboren,
Einmal nur sich freu'n im Licht! -
Oder nahm zum Tanz der Horen
Alles Masken vors Gesicht?
Hermann
von Lingg . 1820 - 1905
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