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Hermann von Lingg
Schlußsteine
. 1. Auflage 1878
Verrath
Es lebe der Verrath!
Im Frieden wie im Kriege,
Durch ihn nur in der That
Erblühen alle Siege.
Das Licht - man muß es froh
Verrath am Dunkel nennen,
Am blinden Glauben so
Das Wissen und Erkennen.
Ein Klang verräth die Zeit,
Wie still sie schleicht, wie lose,
Der Knospe Lieblichkeit
Verräth auch schon die Rose.
Der Blick wird offenbar
Stets auf Verrath betroffen,
Durch ihn verräth sogar
Das Herz sein heimlich Hoffen.
Wär' von Verrath sie frei,
Wie trüb und traurig bliebe,
Welch todtes Einerlei
Die Freundschaft und die Liebe!
Ja, was es immer sei,
Und gilt's die höchsten Ziele,
Es ist gewiß dabei
Verrätherei im Spiele.
Hermann
von Lingg . 1820 - 1905
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