Vesta

Grüßt, Vestalinnen, den Morgen!
Heil dem Licht, das obgesiegt!
Ihr habt es bewahrt in Sorgen,
Wie ein Kind die Mutter wiegt.

Seid gedenk, welch heilig Feuer
Eurer Wache ward vertraut!
Nichts auf Erden ist mehr Euer,
Nur auf dieses Bündniß baut!

Wer dem Feuer dienet, hoffe
Nur das reinste, höchste Glück,
Wie es, frei vom Erdenstoffe,
In den Aether kehrt zurück.

Wär sie nicht die stets Bewachte,
Furchtbar wär der Flamme Lauf -
Ihr, nur daß sie nicht verschmachte,
Nährt die junge Löwin auf.

Sie als Fackel möge schwingen
Rächender Erynnien Wuth;
Eure Pflicht bring sie den Ringen
Um den Herd als sanfte Gluth.


  Hermann von Lingg . 1820 - 1905

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