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Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Abstinenz

Ich las als rechter Sündenknecht
Es nimmer noch mit Grauen,
Was Kaiser Probus sich erfrecht
Am deutschen Strom zu bauen,
Ich schwur: Uns bringt den Sonnenschein
Ein Trunk, wenn's draußen nachtet!
Und fand die Welt stets doppelt fein,
Durchs Römerglas betrachtet.
Ich glaubt', der Abstinenten Spur
Führ' schnurstracks nach Abdera,
Und haßt' am Weinstock eines nur,
Das war die - Phylloxera.

Das war in meiner Laster Lenz,
Der schnödem Trunk ergeben.
Jetzt hat die edle Abstinenz
Mir neu gebaut mein Leben.
Manch Kräutlein duftet wohl im Mai,
Ein Gruß an würz'ge Bowlen,
Ich geh' verachtungsvoll vorbei:
Dich soll der Teufel holen!
Seh' ich bei Erven Lucas Bols
Die Schnäpse ölig blinken -
Nein, ich bin stark und frei und stolz! ...
Darauf muß ich eins trinken!

Es drang der Sünde flüssig Gif
Sogar in fromme Häuser.
Man weiß, daß man's in Flaschen trifft
Im Keller der Kartäuser.
Das Kloster selbst bezwingt mit List
Durch Alkohol der Böse,
Der heimlich längst der Schutzherr ist
Der stillen Grande Chartreuse.
Die Tugend und das Menschheitswohl
Darf nicht im Schnaps versinken,
Ein Pereat dem Alkohol! -
Darauf will ich eins trinken.

Auch Goethe sündigte im Wein
Im Kreise der Genossen,
Und Schiller hat den Wallenstein
Sogar mit Sekt begossen.
Wie wär' geläutert beider Stil,
Erhabner ihr Gedanke,
Wenn solche Männer bloß Pomril
Geführt in ihrem Schranke!
So mußt' im Sumpf der Trunkenheit
Ihr Genius versinken,
O neu Geschlecht der Nüchternheit -!
Darauf muß ich eins trinken!

Wer aber gar die Lieb' zum Wein
In Liedern ausgetobet,
Scheint mir - sit venia - ein Schwein,
Das seine Pfützen lobet.
Anakreon, Horaz, Hafis,
Wem singen sie zu nutze?
Hier fuhr der Funke des Genies
Erbärmlich in die Wutze.
Nur wer da nüchtern bleibt, der schafft's,
Und neue Kränze winken
Den Sängern milden Himbeersafts -
Darauf muß ich eins trinken!

So, liebe Freunde, will ich nie
Zum Ziel des Spotts euch nehmen.
Hoch preis' ich eure Theorie,
Ihr Heiligen von Bremen.
Ich fördere das Menschheitswohl,
Das ich noch jüngst befehdet,
Und schwöre auf den ganzen Kohl,
Den ihr zusammen redet.
Ich spend' euch willig dies Gedicht,
Die Tugend zu befeuern -
Ihr guckt in meinen Keller nicht,
Und ich guck' nicht in euern!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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