162 Bücher
|
Rudolf Presber
Aus
Traum und Tanz . 1. Auflage 1908
Abwehr
Es schilt mich der und dieser:
Dein Lied ist Duft und Dunst,
Du bist halt ein Genießer,
Ein Bonvivant der Kunst.
Du lugst von hohem Turme
Nach neuem Feind nicht aus,
Du ringst nicht mit dem Sturme
Und kommst nicht naß nach Haus;
Haust nicht in Felsenwände
Die Stufen scharf und schwer,
Und spannst die weißen Hände
Um keinen Eschenspeer;
Ißt lieber Obst als Käse,
Liebst einen saubern Wein,
Brüllst nie die Marseillaise,
Selten die Wacht am Rhein.
In Rosen glüht dein Nachen,
Wenn er, vom Strick gelöst,
Wo hübsche Mädels lachen,
Ans grüne Ufer stößt.
Du freust dich nicht an Händeln,
Du scheffelst nicht Gewinn,
Und deine Tage tändeln
Durch hellen Frühling hin.
Du läßt die Frommen grübeln
Und sitzt derweil beim Schmaus
Und weichst der Erde Übeln
Im Tänzerschritte aus.
Du hütest dich vor Spritzern
Aus kleinsten Pfützen gar,
Und deine Lieder glitzern
Wie blondes Frauenhaar.
Und daß du würd'gen Männern
Ins Angesicht gelacht,
Das wird von allen Kennern
Schon lange dir verdacht!
Ich sprach: "Ihr guten Leute,
Die ihr euch sorgend quält,
Wenn sich mein Herz nicht freute,
Hätt' es den Zweck verfehlt.
Das Klettern laßt dem Affen,
Das Kriechen dem Reptil,
Dem Ritter laßt die Waffen,
Dem Sänger laßt sein Spiel.
Und wär' die Welt nicht ärmer,
Nicht einsamer der Weg,
Wenn kein Ligusterschwärmer
Um junge Rosen flög'?
Was soll das wenig kluge
Gezeter und Geschrei,
Daß er kein Stier am Pfluge
Und auch kein Nilpferd sei?
Wie bald - die Blüten starben,
Um die sein Spiel ihn trug -
So freut euch seiner Farben
Eh' ihn der Sturm verschlug!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
|
|