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Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Das Herrlichste

Als ich durchs Mittelmeer gefahren,
Valenzias Küste noch im Sinn,
Da zeigte nach den Balearen
Mir ein Matrosenfinger hin.
"Dort drüben, Herr, wo sich aus kleinen
Felsklippen hell die Insel reckt,
In Myrten- und Olivenhainen
Hat sich ein deutscher Fürst versteckt.
Nehmt euer Glas! Mit blanken Schiefern
Am Berghang grüßt sein weißes Haus
Im Schatten der Aleppokiefern
Aus roter Rosenflut heraus.

"Es heißt, er geht im weißen Kittel
Durchs Gartenland im Morgenrot
Ganz ohne Orden, ohne Titel
Und pflückt sich selbst Johannisbrot.
Die dunklen Sträucher der Cytrosen,
Aus denen rot die Blüte brennt,
Umhauchen diesen Namenlosen,
Den keiner sucht und keiner kennt.
Und wollt' ein Späher ihn erreichen,
Der sich mit Botschaft eingeschifft,
Dann durch die immer grünen Eichen
Stieg' er, sich bergend, ins Geklüft.

"So oft wir hier vorüberkommen,
Ins ungewisse Meer geschickt,
Hab' ich ein Fernglas hergenommen
Und still ihm einen Gruß genickt.
Ihm ward des Schicksals Gunst beschieden,
Er stand der nächste einem Thron
Und suchte dort den Inselfrieden
Und ward der Erde schlichter Sohn.
Uns aber, die vorüberschweben,
Prägt jener Fels die Lehre ein:
Wohl herrlich ist's, als Fürst zu leben,
Doch herrlicher - verschollen sein!"

So sprach - ich denk', vor sieben Jahren -
Zu mir ein Seemann schlank und braun,
Und hieß mich zu der Balearen
Geschmückten Frühlingsinseln schaun ...
Und wie das Leben umgetrieben
Mein Schifflein auch im Wellentanz,
Dem Herzen hat sich eingeschrieben
Der Kernspruch jenes Biedermanns.
Und ward, was ich so heiß begehrte,
Ein Kranz, ein Glück, ein Segen mein,
Wie war's? von allem Glück der Erde
Das herrlichste: verschollen sein!

O, sähest solch ein Ziel du ragen,
Mein Herz, daß du zu suchen wagst,
Wo keine Menschen nach dir fragen
Und du nach keinem Menschen fragst;
Wo du nicht heulst mit andern Wölfen,
Die Pflicht dir keinen Traum zerstört -
Ein einz'ger Monat unter zwölfen,
Der dir und dir allein gehört!
"Wohin die Reise?" ... Sie vergeben,
Mir fällt mein braver Seemann ein:
Von allem Glück im Erdenleben
Das herrlichste: verschollen sein!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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