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Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Dem Kaiserenkel!

Du ruhst in einer goldnen Wiege,
Die, still die Flügel beigelegt,
Der Wappenvogel stolzer Siege,
Der Aar der Hohenzollern trägt.
Ein weißes Wölkchen echter Spitze
Wehrt dir der Sonne Sommerglut -
Und draußen donnern die Geschütze,
Dem Kaiserenkel den Salut.
Die rosgen Fäustchen alle beide
Gedrückt ans Grübchen deines Kinns,
So fern der Lust, so fern dem Leide -
So schlafe, schlafe, kleiner Prinz!

Die Liebe sorgt in Sommertagen
An deinem Bettchen, Prinzenkind;
Die Liebe muß uns alle tragen,
Wenn wir noch klein und schwächlich sind;
Und welche Bahn wir auch durchmessen,
Der Seele Spiegel bleibt uns klar,
Wenn wir der Liebe nicht vergessen,
Die unsres Lebens Morgen war;
Wenn wir, gereift, ein sanftes Führen
Im Herzen fühlen, treuen Sinns
Den Druck noch lieber Hände spüren - -
So schlafe, schlafe, kleiner Prinz!

Du stammst von einem Königssohne,
Zu steilen Höhen führt dein Schritt;
Und einstens winkt dir eine Krone,
Die mit dem Schwert ein Volk erstritt.
Blut ist für deinen Thron geflossen,
Den du im Frieden dir gewannst;
Du hast der Liebe viel genossen.
O Kind, schon eh' du danken kannst.
Kraft, Ruhm und Erbe deiner Väter
Trägt, kleiner Schläfer, dir schon Zins,
Das wiss' und danke später, später - -
Jetzt schlafe, schlafe, kleiner Prinz!

Noch hast du Zeit zur Herrschertugend,
Noch fehlt dir Schwert und Ordensband,
Noch liegt der Garten deiner Jugend
Vor dir, ein blumig Märchenland.
Nur frohe Kindertage bürgen
Für starke Mannheit, Prinzensohn;
Laß dir die deinen nicht erwürgen
Durch der Lakaien Devotion;
Daß du am Ende deiner Tage
Dich deiner Kindheit als Gewinns
Noch freust wie alter, lieber Sage -
Das träume, träume, kleiner Prinz!

In der Gespielen Augen lesen
Sollst du der Freuden Widerschein:
Sieh, Prinzen sind wir all gewesen,
Bloß Kön'ge können wen'ge sein.
So achte wachsend mit den Jahren
In allen ihr bescheidnes Ziel,
Denk', daß wie Du sie "Prinzen" waren
In ihrer Träume Kinderspiel;
Lern menschlich deine Zeit verstehen,
Sieh nicht herab auf Kunz und Hinz,
Sie kamen mit dir und vergehen -
So träume, träume, kleiner Prinz!

Leicht wirst du Herr der kleinen Schwächen,
Wenn du der Pflichten Wert erkannt:
Du bist ein glänzendes Versprechen
Des Stammes an dein Vaterland.
Den Trotz'gen Trotz; doch treuen Wollern
Vertraun und Ehre dargebracht,
Das war der Spruch der Hohenzollern,
Das hat die Ahnen groß gemacht.
Ein treues Heer von tapfern Dienern
Schar' um den Thron sich freud'gen Sinns,
Weitab von faulen Byzantinern - -
So träume, träume, kleiner Prinz!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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