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Rudolf Presber
Aus
Traum und Tanz . 1. Auflage 1908
Ein notwendiger Nachtrag zu Schillers: "Teilung der
Erde."
"Willst
du in meinem Himmel mit mir leben;
So oft
du kommst, er soll dir offen sein!"
Und so geschah's. Der Himmel war verschlossen
Dem Dichter nimmer, wenn vom Erdenkrieg
Auf goldner Wolke wunderzarten Sprossen
Sein Fuß zum Frieden sel'ger Götter stieg;
Wenn über Sterne seine Wege gingen,
Sein Rücken frei ward aller Erdenlast,
Und lächelnd die Unsterblichen empfingen
Mit Nektarbechern den verträumten Gast.
Da eines Abends, als er auf der Wolke
Den Pfad hinan mit leichten Sohlen schritt,
Erspäht sein Aug': wie aus gedrängtem Volke
Ein Kahn mit Flügeln hoch und höher glitt;
Wie unerschrockne Steuermänner zielten,
Wohin kein Schiff noch Menschenleiber trug,
Und wie der Sonne letzte Lichter spielten
Mit kühner Segler windgetriebnem Flug.
Er sieht und stutzt und ängstigt sich und eilet,
Im Arm die Leier, hin zu Jovis Thron:
"Allmächtiger, die Erde ward verteilet
Und, ach, zu kurz kam dein getreu'ster Sohn.
"Und da er fleht um deiner Liebe Gnaden,
Verarmt, ein Bettler, in erzürnter Scham,
Hast du in deinen Himmel eingeladen
Den Sänger dir. Und, ach, wie gern er kam!
"Und jetzt - und jetzt! - O Donnrer, sieh hinunter,
Der du - du sprachst's - vor allen mich geliebt;
Das Menschenschifflein schau - ermiß das Wunder,
Das sich als Frevel gegen dich begibt.
"Es will das Volk nicht auf der Erde bleiben,
Nicht an der Scholle kleben will es mehr;
Aus letzter Zuflucht soll es mich vertreiben -?
Nimm deine Waffe, Zeus, greif deinen Speer!
"Du hast den Himmel, Gnäd'ger, mir versprochen,
Schick deinen Blitz und mach dies Schiff zum Wrack!
Nie hat ein Gott sein gütig Wort gebrochen -
Ich warte, Zeus. Zerschmettre mir das Pack!"
Da streicht sich Zeus mit seinen ew'gen Fingern
Den goldnen Bart und lächelt leis und spricht:
"Kleingläubiger, siehst du in solchen Dingen
Die Konkurrenz der Dichter? Fürcht dich nicht!
"Niemals erreicht solch Schifflein einen Hafen,
In dem dein Traum, mein Freund, vor Anker geht.
Ein Spielzeug ist es, wenn die Winde schlafen,
Und duckt sich vor des Sturmes Majestät.
"Du aber kommst zu mir auf andern Wegen,
Kein Zorn des Windgotts treibt dich aus der Bahn;
Und just dem Sturm wirfst du die Brust entgegen,
Und deine höchste Lust ist - der Orkan.
"Und deine Träume, die nach Sternen zielen,
Was neiden sie den Menschlein ihren Sport,
Die mit Maschinen und mit Gondeln spielen?
Ein Sonntagsspaß. Ein Sturmstoß - sie sind fort!
"Laß dein Planetchen ihre Fahrt umgleiten,
Dich trägt der Sturm, der dir von mir erzählt;
Sei du zu groß, mein Freund, um zu beneiden,
Was durch die Stille sich mit Schrauben quält!"
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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